Eben noch trug er seinen Bruder zu Grabe. Nun tourt Jermaine Jackson durch Europa, um für ein Konzert zu Ehren des "King of Pop" zu werben, das plötzlich abgesagt wurde. Jermaine versteht den Wirbel nicht: Im Interview erzählt er, warum sein Bruder für ihn der Größte war – und die Jacksons eine heile Familie sind.
Jermaine Jackson sitzt fast regungslos auf seinem Stuhl in einer Suite des Ritz Carlton – dunkler Anzug, Mao-Kragen, Ankerkettenschweres Diamantarmband – und lässt sich ein frisches Kleenex reichen. Seine Augen füllen sich wie Badewannen wenn er vom verstorbenen Bruder redet – so zerbrechlich und unhörbar leise, dass es fast klingt, als sei es Michael Jackson selbst, der da spricht. Jacksons Tod geht ihm sichtbar nahe, aber es sind auch diese „schlimmen Pressemeldungen“, die Jermaine Jackson unendlich traurig machen, wie er sagt: Er würde sich über den toten Superstar vermarkten, wird gespottet. Die Familie hätte sich distanziert.
Eigentlich war er nach Berlin gekommen, um in einer großen Pressekonferenz sein Gedenkkonzert für den Bruder anzukündigen. Ende September sollte es stattfinden, in Wien, Schönbrunn – weil Michael doch so Schlösser liebte. Weltstars sollten auftreten und noch einmal seine Songs auf die Bühne bringen. Von einem Duett mit dem Toten war sogar die Rede, und einer Global-Live-Übertragung. Und dann plötzlich einen Tag später: alles abgesagt. Oder verschoben. Oder so.
Tatsächlich fanden sich zu wenig Interpreten, gerade mal fünf sagten ihren Auftritt zu. Die Stadt Wien trat überraschend als Sponsor zurück, weil der ursprünglich angenommene Werbewert nicht mehr zu erwarten sei. Das Tribute-Konzert soll nun im Sommer 2010 und im Londoner Wembley Stadium stattfinden. Wer weiß. Eins steht fest: Der Fall Jackson bleibt weiterhin merkwürdig und rätselhaft.
Video: http://www.welt.de/videos/kultur/art...n-Tribute.html
Welt am Sonntag: Mister Jackson...
Jermaine Jackson: Da .... ha....M...l... ni... verdi...t.
Welt am Sonntag: Pardon, ich kann Sie kaum verstehen, könnten Sie lauter sprechen?
Jackson: Ich sagte: Das hat Michael nicht verdient, wirklich nicht.
Welt am Sonntag: Was genau meinen Sie?
Jackson: Diese hässlichen Vorwürfe in den Medien. Reine Sensationsmache. Ich meine, also, dieses Konzert: Es geht schließlich darum, Michael zu ehren und zu zeigen, was für ein guter Mensch war. Wissen Sie, Michael wollte die Welt verändern, er wollte eine bessere Welt. Für die Kinder. Alles, was er getan hat, hat er für die Kinder getan. Er war ein Menschenfreund. Und ein wunderbarer Vater. Seine Songs haben die Welt geheilt. Und dieser Mensch war auch noch mein Bruder. Ich bin so stolz auf ihn. Ich meine, boy, keiner war wie er, man.
Welt am Sonntag: Wie nah waren Sie dem King of Pop?
Jackson: Michael und ich waren sehr eng, oh, ja. Wir haben viel zusammen gemacht, Picknicks, sehr privat, nur die Familie: Meine Mutter, mein Vater, meine Kinder, die Kinder meiner Brüder, seine Kinder, all die Nichten und Neffen. Herrliche Familienfeiern, wir haben gesungen. Ich weiß noch, unser letztes Treffen: Ich sagte, oh, Michael, ich liebe diesen Song von dir: Notion. Und fing an zu singen, er stimmte mit ein. Später sagte er, Jemaine, dein Lob bedeutet mir sehr viel. Das Letzte, was ich ihn sagen hörte war: Ich seh' dich in London. Ich seh' euch alle auf der Tour.
Welt am Sonntag: Hat er je vor Ihnen geweint?
Jackson: Ja, das hat er. Wenn jemand schlecht über ihn geredet oder geschrieben hatte. 'Warum machen Menschen so was', hat er dann gefragt. Ungerechtigkeiten haben ihn unendlich traurig gemacht und sehr verletzt.
Welt am Sonntag: Wussten Sie von seinem mörderischen Medikamentenkonsum?
Jackson: Nein. Ich habe ihn nie Tabletten nehmen sehen. Ich wusste, dass er Schmerzmittel genommen hatte nach den Verbrennungen, die er sich bei seinem Pepsi-Spot-Dreh zugezogen hatte. Aber das war in den 80-ern. Die Leute reden so viel. Ihr höre immer nur das Wort: Drogen, Drogen, Drogen. Sind es wirklich gleich Drogen? Manche Tabletten sind verschreibungspflichtig, manche nicht. Nun, ich kenn' mich da nicht aus, zum Glück.
Welt am Sonntag: Sie haben nie mit Ihrem Bruder darüber gesprochen?
Jackson: Nein, wozu? Und jetzt gibt es all diese Spekulationen. Aber die Sache ist doch die: Er war so unendlich groß, weil er die Bedürfnisse anderer ernst genommen hat. Ihm ging es um die Menschen. Ich meine, wer kümmert sich so um unsere Welt wie er es getan hat?
Welt am Sonntag: Hat Sie sein Tod überrascht?
Jackson: Ja, sein Tod hat mich überrascht. Ich hätte nie gedacht, dass Michael Jackson mal so von uns gehen würde, so jung auch.
Welt am Sonntag: Michael Jackson starb an einem Cocktail aus Beruhigungsmitteln und dem starken Narkosemittel Propofol – verabreicht von seinem Leibarzt. Ihre Mutter glaubt an Mord.
Jackson: Nun, die Untersuchungen laufen noch. Irgendwann werden wir, die Fans, unsere Familie, die Welt es wissen. Ich bin sicher.
Welt am Sonntag: Werden Sie in einem möglichen Prozess aussagen?
Jackson: Nein, ich möchte gar nicht verwickelt werden in die Sache, es sei denn meine Mutter oder die Behörden verlangen es. Ich bin wirklich zu ungebildet was diese Medikamentengeschichte angeht.
Welt am Sonntag: Machen Sie sich Vorwürfe?
Jackson: Nein, ich möchte mich nur an den letzten Moment mit ihm zurückerinnern: „Hi, wie geht es Dir?“, habe ich gefragt. Ich habe ihn bei seinen letzten Proben erlebt. Er hat gelacht, er hat getanzt, er war gut drauf?
Welt am Sonntag: Beschäftigt Sie dann nicht umso mehr der Gedanke, dass er vielleicht noch am Leben hätte sein können?
Jackson: Hm...
Welt am Sonntag: Wieviel Schuld trägt Ihrer Meinung nach Jacksons Leibarzt Dr. Murray?
Jackson: Ich gebe wirklich niemandem die Schuld an Michaels Tod.
Welt am Sonntag: Sie haben die gleichen Eltern, denselben Vater, die gleiche Hautfarbe, Nase. Warum hat Michael gelitten?
Jackson: Michael war jünger, der Achte von zehn Kindern. Er war immer der Kleine auf der Bühne, der Jüngste. Ich war so etwas wie sein Beschützer. Michael war ein Seelenkind. Kinder sind es gewohnt, rauszugehen, andere Kinder zu sehen, zu spielen, sich an Halloween zu verkleiden und so. Wir durften das alles nicht. Ich werde nie vergessen: Es war Weihnachten und ich saß mit Michael am Fenster in Indiana. Wir pressten unsere Nasen an die Scheibe. Draußen fielen die Schneeflocken und man hörte Weihnachtslieder spielen von irgendwo. Wir waren traurig, weil wir als Zeugen Jehovas kein Weihnachten feiern durften. Wir konnten nur durch die Scheibe zu sehen, wie die Kinder in ihren Häusern auf der anderen Straßenseite mit ihren Eltern vor ihren Weihnachtsbäumen saßen, Geschenke auspackten und all das. Es tut mir heute noch weh.
Welt am Sonntag: Stimmt die Geschichte, dass ihr Vater den kleinen Michael auf eine angestellte Herdplatte stellte, damit er schneller tanzen lernte?
Jackson: Nein. Nein, das ist nicht wahr. Nein, mein Vater war ein wundervoller Vater. Im Gegenteil, er hat uns immer beschützt vor schlechten Einflüssen. Wir waren glücklich. Mein Vater war toll.
Welt am Sonntag: Hat das Video Thriller heute eine andere Bedeutung für Sie. Es zeigt Jackson als Zombie, der von den Toten aufersteht, um sich an den Lebenden zu rächen.
Jackson: Es war ein großartiges Video und jeder sieht darin, war er sehen will. „Thriller“ wird übrigens auch ein Song sein, den die Fans auf dem Tribute hören werden.
Welt am Sonntag: Die Tickets sollen bis zu 700 Euro kosten. Wohin fließt das ganze Geld?
Jackson: In große Hilfsprojekte wie „Save the world und “Earth care international foundation”.
Anm. Irgendwie hört hier das Interview auf Welt Online auf. Ohne Hinweis dass das Gespräch beendet ist. Link Hier!