Santa Maria (dpa) - Im Missbrauchprozess gegen den Popstar Michael Jackson könnte die Jury noch in dieser Woche mit der Urteilsfindung beginnen. Am Donnerstag werden vor dem Gericht in Santa Maria (Kalifornien) die Schlussplädoyers von Anklage und Verteidigung erwartet.
Richter Rodney Melville kündigte an, dass er den Fall am Freitagnachmittag an die zwölf Geschworenen übergeben wolle, berichtete die «Los Angeles Times». Die Juroren - acht Frauen und vier Männer - sollten nun Anweisungen für ihre Beratungen erhalten.
Die Anwälte beider Seiten berieten sich am Dienstag unter Ausschluss der Jury und des Angeklagten mit dem Richter über die Anweisungen für die Geschworenen. Melville will den Juroren erlauben, «frühere kriminelle Handlungen von Zeugen» in Betracht zu ziehen. Nach Angaben der «Times» steht damit das Verhalten der Mutter von Jacksons angeblichem Opfer auf dem Prüfstand. Die Zeugin hatte in einem früheren Prozess gegen eine Kaufhauskette unter Eid gelogen.
Melville wollte den Geschworenen auch mehr Spielraum in der Beurteilung der Alkohol-Vorwürfe gegen Jackson einräumen. Der Sänger ist unter anderem angeklagt, einem damals 13-jährigen Jungen im Frühjahr 2003 Alkohol gegeben zu haben, um ihn dadurch gefügig zu machen. Dies ist strafrechtlich ein Verbrechen. Der Richter würde der Jury erlauben, Jackson wegen Verabreichens von Alkohol nur wegen eines «Vergehens» zu verurteilen.
Der Popstar soll den Jungen auf seiner Neverland-Ranch auch sexuell belästigt und sein angebliches Opfer und dessen Familie dort festgehalten haben. Zudem habe er mit einigen Mitarbeitern ein Komplott geschmiedet, die Familie zu einer entlastenden Videoaussage zu zwingen, nachdem Jackson und der Junge Hand in Hand in einer umstrittenen TV-Dokumentation zu sehen waren. Im Fall eines Schuldspruchs drohen Jackson über 20 Jahre Haft.
Nach viermonatiger Prozessdauer mit über 140 Zeugen hatten Staatsanwaltschaft und Verteidigung am vergangenen Freitag die Beweisaufnahme abgeschlossen. Die Verteidigung hatte überraschender Weise darauf verzichtet, das angebliche Opfer des Sängers und dessen Mutter noch einmal in den Zeugenstand zu rufen.
Den Geschworenen im Gericht von Santa Maria (Kalifornien) war zuvor ein Polizeivideo mit dem Beschuldiger aus dem Jahr 2003 vorgeführt worden. Darin erzählt der Junge teils unter Tränen, dass er fünf Mal von Jackson unsittlich berührt worden sei. Der 46-jährige Sänger war in dem Prozess selbst nicht in den Zeugenstand getreten.
Jacksons Anwalt Thomas Mesereau und der stellvertretende Staatsanwalt Ron Zonen waren den Beratungen am Dienstag fern geblieben. Sie würden die Schlussplädoyers vorbereiten, hieß es in US-Medienberichten. Jacksons Sprecherin Raymone Bain teilte dem Sender CNN mit, dass der Sänger «sehr viele Gefühle durchlebt - Erleichterung, dass es vorbei ist, aber auch große Nervosität».
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DETEKTIV: Michael Jackson rechnet mit Verurteilung
Wie eine US-Zeitschrift berichtet, rechnet der wegen Kindesmissbrauchs angeklagte US-Popstar Michael Jackson fest mit einer Verurteilung. Der Popstar habe "panische Angst" vor dem Gefängnis und sorge sich darum, ob man in Haftanstalten fernsehen könne, heißt es.
Santa Maria - In der aktuellen Ausgabe der "Vanity Fair" wird der ehemalige Privatdetektiv des Sängers, Gordon Novel, zitiert. Dieser war von Jackson angestellt worden, um Ermittlungen anzustellen und zu beweisen, dass der Popstar Opfer eines Komplotts der Plattenverlage und der Justiz sei.
Im März, unmittelbar nach Beginn des Prozesses, habe sich der Angeklagte überzeugt gezeigt, dass er verurteilt werde, sagte Novel. Jackson habe "panische Angst" vor dem Gefängnis und ständig gefragt, wie es in einer Haftanstalt zugehe und ob er dort Fernsehen und Filme sehen könne.
Eigenen Angaben zufolge hatte Novel vergeblich versucht, Jackson davon zu überzeugen, dass er natürlicher und weniger bizarr in der Öffentlichkeit auftreten solle. Der Sänger habe wiederholt erklärt, gegen ihn sei eine Verschwörung im Gange; die Verantwortlichen hätten es auf sein Geld abgesehen. Der Detektiv berichtete, er habe sich damals von Jackson getrennt und sei jetzt mit seinen Informationen an die Medien herangetreten, weil sein ehemaliger Klient ihm noch 5000 Dollar Honorar schulde.
Der Jackson-Prozess vor dem Gericht im kalifornischen Santa Maria geht in diesen Tagen in die entscheidende Phase. Insgesamt hat die Staatsanwaltschaft in dem Prozess 80 Zeugen präsentiert, die Verteidigung 50. Für Morgen wird mit dem Beginn der Schlussplädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung gerechnet. Danach ziehen sich die zwölf Geschworenen, acht Frauen und vier Männer, zur Beratung über das Urteil zurück. Sollten sie den 46-jährigen Jackson für schuldig befinden, drohen ihm bis zu 20 Jahre Haft.
Der einstige "King of Pop" ist angeklagt, vor zwei Jahren einen damals 13-jährigen Jungen auf seiner Neverland-Ranch mit Alkohol gefügig gemacht und sexuell missbraucht zu haben. Außerdem wird ihm angelastet, den Jungen und seine Mutter wochenlang gegen ihren Willen auf seiner Ranch festgehalten zu haben. Jackson hat in allen Anklagepunkten auf nicht schuldig plädiert.
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