23.08.2011, 12:10 Uhr | dpa
Deutschlands berühmtester Humorist Loriot ist tot
Der Künstler, der mit bürgerlichem Namen Vicco von Bülow hieß, starb in Ammerland am Starnberger See an Altersschwäche.
Loriot ist tot. Deutschlands berühmtester Humorist, der mit bürgerlichem Namen Vicco von Bülow hieß, starb am Montag mit 87 Jahren in Ammerland am Starnberger See, wie der Diogenes Verlag mitteilte. Loriot sei zu Hause "sanft entschlafen", sagte Diogenes-Sprecherin Ruth Geiger.
Der Ernst des Lebens ist heiter wie die Kunst - von Loriot. Denn Komik hatte für ihn mit Irrtum im Alltag zu tun - oder mit grotesken Missverständnissen, womit Loriot so etwas wie ein "Karl Valentin des Cartoons und des deutschen Fernsehens" war - jedenfalls zählte er zu Deutschlands besten Humoristen. Der am Starnberger See und in Berlin lebende Preuße Vicco von Bülow wollte beweisen, dass die Deutschen wie alle anderen Nationen auch Humor haben - und wurde damit prompt einer der populärsten Deutschen. Noch 2007 landete Loriot in der ZDF-Sendung "Unsere Besten - Komiker & Co" auf dem ersten Platz.
Preußische Erziehung
Vicco von Bülow, am 12. November 1923 in Brandenburg an der Havel geboren, Spross einer Offiziersfamilie, war von Hause aus ein pedantischer Bildungsbürger, der sich über seine eigene Gesellschaftsschicht lustig machen konnte - nicht gerade eine typisch deutsche Eigenschaft. Dabei hatte er allerdings auch gerne alles unter Kontrolle - so glich sich das wieder aus.
Das ewige Spiel von Mann und Frau
Loriot schrieb legendäre Männer-Frauen-Dialoge und schuf den vielleicht bekanntesten Rentner und Lottomillionär der Fernsehgeschichte - Erwin Lindemann (gespielt von Heinz Meier), der "seit 66 Jahren" Rentner ist und mit seiner Tochter und dem Papst in Wuppertal eine Herrenboutique eröffnen will. Auch der Streit ums hartgekochte Frühstücksei mit dem Schlusssatz "Morgen bringe ich sie um!" ist TV-Kult geworden. Von "Wum und Wendelin" und Weihnachten bei Hoppenstedts ganz zu schweigen. In Sketchen wie über die Familie Hoppenstedt trat Loriot meist selbst als wandlungsfähiger Schauspieler auf, oft mit seiner bereits 2007 gestorbenen Kollegin Evelyn Hamann.
Kronjuwelen der deutschen TV-Sketche
In die Fernsehgeschichte ist längst auch das sagenhafte Badewannen-Duell um eine Gummi-Ente mit den beiden knollennasigen Akademikern Dr. Klöbner und Müller-Lüdenscheid eingegangen. Und Sprüche aus Loriot-Sketchen wie "Hildegard, warum sagen Sie denn nichts?" oder "Wo laufen sie denn?", "Früher war mehr Lametta" und das knappe und doch alles umfassende "Ach was!?" sind längst zu geflügelten Worten in der deutschen Umgangssprache geworden.
"Deutschlands komischste Figur"
"Es wird in keinen meiner Filme irgendwo gelacht, nirgendwo. Lachen sollen die Zuschauer", sagte Loriot im Gespräch mit der Wochenzeitung "Die Zeit" einmal. Über das Lachen bei heutigen Comedians - das Wort kam dem "Grandseigneur des Unfugs" oder "Grafen der Heiterkeit" nur schwer über die Lippen - äußerte sich Loriot in gewohnter Vornehmheit, wenn er, wie es in dem Interview hieß, "nach den richtigen Worten sucht beim Beschreiben des Phänomens Mario Barth". Trotz aller Popularität hat es Bernhard Victor Christoph Carl von Bülow - so sein vollständiger Name - auch immer gewurmt, dass die Deutschen Komiker und Humoristen auf ihrer Werteskala doch ziemlich weit unten ansiedeln. "Der Tragöde ist ganz oben."
Auch auf der Kinoleinwand erfolgreich
Selbst als Filmregisseur brachte es Loriot, der seinen Künstlernamen Loriot nach der französischen Bezeichnung für das Wappentier der Bülows (den Pirol) wählte, zu Ruhm. Sein Kinodebüt "Ödipussi", in dem der ältliche Möbelverkäufer von seiner Mutter immer "Pussi" gerufen wird, war 1988 ein Riesenerfolg, übrigens am selben Abend in Ost- und West-Berlin in der damals noch geteilten Stadt uraufgeführt. Danach drehte er noch "Pappa ante portas".
Sammler zahlreicher Orden
Der Künstler erhielt zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen, darunter den Deutschen Filmpreis, den Deutschen Kleinkunstpreis, die Goldene Kamera, den Karl-Valentin-Orden, den Wilhelm-Busch-Preis und den Ernst-Lubitsch-Preis. Loriot war Mitglied der Berliner Akademie der Künste und der Bayerischen Akademie der Schönen Künste.
Seit 2008 mehr und mehr zurückgezogen
Zu Loriots 85. Geburtstag im Jahr 2008 war im Berliner Film- und Fernsehmuseum am Potsdamer Platz die bis dahin umfassendste Loriot-Ausstellung zu sehen. Loriot selbst hatte sich sich in den vergangenen Jahren aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Man sah ihn zuletzt kaum noch mit einem seiner Möpse ("Ein Leben ohne Möpse ist möglich, aber sinnlos") am Starnberger See oder um den Berliner Savignyplatz spazieren gehen. Die Augen machten nicht mehr mit.
"Gehen, wenn es am schönsten ist"
"Mein Vater wird schwächer", hatte Tochter Susanne von Bülow der "Bild"-Zeitung im April 2011 gesagt. "Weil er kaum noch sehen kann, liest er pro Tag nur noch eine Seite. Dann tanzen die Buchstaben vor seinen Augen." Auf die "Zeit"-Frage, ob er das Gefühl verspüre, "dass man gehen soll, wenn es am schönsten ist", antwortete Vicco von Bülow in preußisch knapper Manier: "Ja".
Quelle: dpa
Ich bin tief betroffen - auch wenn man weiss, dass irgendwann jeder einmal gehen muss! Danke für die vielen humorvollen Sketche & Co. R.I.P.
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