Hallo ihr,
wir (Jen und ich) haben hier aus den USA eure lebhafte Diskussion hier im Forum verfolgt, und wollten uns kurz zum Wort melden, um vielleicht die eine oder die andere Unklarheit aus dem Weg zu räumen, wobei das meiste schon von euch richtig erkannt wurde.
- Aussage/Pointe des Textes: Jen hat versucht (und das wurde hier häufig auch schon genannt), sich dem Thema und vor allem dem Umgang gegenüber Michael durch die Medien (aber auch durch Fans) auf eine kreatve Art und Weise zu nähern, die gleichzeitig die Gerüchte-Köchelei und die Mysterien-Bildung in Frage stellt sowie den teilweise äußerst respektlosen Umgang mit dem Künstler nach seinem Tod hinterfragt.
- Ironie: ist in diesem Zusammenhang das wichtigste Stichwort und Stilmittel, und das wurde von euch auch mehrmals erwähnt. Die gebetsmühlenartige Wiederholung aller "Tatsachen" und "Gerüchte" geht ja fast ins Absurde und sollte so einen Sog entwickeln, bei dem vor allem die mediale Überstrapazierung des MJ-Bildes deutlich gemacht wird, bei der jeder noch so lächerliche (unwesentliche, unwahre) Artikel seinen Platz in der Presse fand und somit nur noch mehr zu einer Verunklarung des Gesamtbildes einer einzelnen, sehr komplexen Persönlichkeit beitrug. Dabei ist uns klar geworden, dass bei den Schreibern häufig die Sensationsgier einen klare Menschenverstand (oder journalistische Ideale) ausschaltete - zumal mit dem Thema sehr schnell Geld verdient werden konnte, mit noch so bescheuerten Artikeln.
- Es geht aber auch um uns - Musikliebhaber, MJ-Fans, neutrale Leser etc., und dass auch wir dazu neigen, auf eine fast ähnliche Art und Weise zu Urteilen, Symboliken und Überhöhungen in andere - "positive" - Richtung zu kommen, ohne dass diese ihr Fundament in einer Wahrheit haben, in Recherche, in Fakten. Dass also die Verblendung auf allen Seiten geschehen kann, und geschieht, und dass sie in beiden Fällen auf dem Rücken des Verstorbenen ausgetragen wird, ganz egal, wie wohlwollend man ihm gesonnen ist.
- Auch dieses wurde hier im Forum mehrmals erwähnt, die Stichworte dabei waren Scham und ein gewisses Sich-ertappt-fühlen beim Lesen des Essays. Neugierig sind wir alle, doch die Neugier treibt eben oft Blüten, die zu ganz schön unerfreulichen Pflänzlein anwachsen, bei dem das Wesentliche aus dem Blick gerät, um das es uns allen gehen sollte: ein Mensch, ein Künstler, seine musikalische Bedeutung und anderweitige popkulturelle Verdienste.
- Es ging der Autorin bei all dem auch darum, die Facetten der "Wahrheit" ungeschönt zu zeigen, wohl wissend, dass das weh tun kann und wird - aber auch gleichzeitig wohl wissend, dass ohnehin jeder, der sich mit MJ ernsthaft auseinandersetzt, längst seine eigene Wahrheit aus all diesen (und vielen mehr) Punkten gefunden und leider auch erfunden hat. MJ bot und bietet, wie sonst kein Zeichenträger unserer Wertesysteme, so eine riesengroße Fläche zur Projektion unserer Träume, unserer Hoffnungen, aber auch unserer Hysterien und Illusionen, dass es niemanden wirklich wundern sollte, warum so viel Unglaubliches und Unglaubhaftes zu seiner Person, seinem Leben und Ableben in der Welt als "Nachricht" kursiert. Dieser Artikel sollte eben dabei als ein Aufruf zur Bodenhaftung verstanden werden, indem es die vielen Absurditäten aufzeigt, wie hier mit einem Toten umgegangen wird.
Jen und ich bedanken uns herzlich für eure Gedanken und grüßen nach Deutschland oder wo auch immer ihr seid.
Herzlich,
Sasa & Jen
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