vor unserm forumscrash hatten wir ja noch den super artikel von deborah ffrench übersetzt, an dem wir noch arbeiten wollten. da ich ihn abgespeichert hatte, setz ich ihn dann noch mal hier rein und wir können überlegen, was weiter damit passiert.
hier erst mal der link zum original
und jetzt zu unserer übersetzung!
Wie ein Mythos entsteht
Von Deborah Ffrench
Ein Jahr, nachdem das Schockierende im Sommer 2009 in LA geschah und die Unmengen an Fragen über Michael Jacksons außergewöhnlichen Tod um die Welt gingen, gibt es noch keine Zeichen, dass das Interesse schwindet. Dass Jackson am 25.Juni starb, steht außer Frage. Aber es ist die Art wie er starb, die eine Menge Kontroversen aufwirft. Als TMZ erstmals weltweit um 14:26 den Zeitpunkt verbreitete, an dem Jackson starb, wurde die Welt, wie wir sie kennen beispiellos wachgerüttelt. AOL nannte den darauf folgenden Web-Zusammenbruch einen „bahnbrechenden Moment in der Geschichte des Internets“. Jacksons Tod hatte einen neuen virtuellen Blackout herbeigeführt, der mit nichts anderem als mit Jackson zusammenhing.
Von jetzt auf gleich verbreiteten sich Spekulationen über Jacksons Gesundheitszustand bis zu Verschwörungen von AEG, Sony, Jacksons letzte Berater und seinen Arzt betreffend, wie ein Lauffeuer durch die Medien.
Los Angeles musste, in Folge von Jacksons Tod, mit dem Zustrom Trauernder, der Weltpresse und auch noch mit der schwelenden Spannung zwischen sturen Bevollmächtigten der Stadt fertig werden. Jahrelange Streitigkeiten, die hohen Schulden der Stadt und das gute altmodische Ego, führten dazu, dass öffentlich darum gekämpft wurde, wer die prachtvolle Trauerfeier im Staples Center im letzten Juli zahlen sollte. Simultan in über 22 Länder der Erde übertragen, wurde in den Nachrichten berichtet, dass etwa 1,5 Milliarden Menschen weltweit es sahen, und das machte sie zur meistgesehenen Übertragung der Geschichte. Im Vorfeld des Events sah man zahllose Tribute von Berühmtheiten, Staatsmännern, Politikern, Freunden und Fans. Aber es gab auch Entrüstung und auch eine Wiederholung alter Vorwürfe.
Einen Tag, nachdem Jackson starb, bat die Kongressabgeordnete Diane Watson im Capitol um eine Schweigeminute für Jackson und einige Mitglieder des Kongresses protestierten dagegen und verließen den Saal. Der Kongressabgeordnete John Yarmuth erzählte später dem Radiomoderator John Ziegler, die Geste habe ihn „angewidert“. Am selben Tag erschien die ehemalige Korrespondentin von Vanity Fair, Maureen Orth, auf MSNBC, um zu erklären, Jackson sei „ als Mensch ein Versager“.
Am 29.Juni nannte Rush Limbaugh die Medienberichterstattung eine „entsetzliche Schande“ und am Abend des 7.Juli, dem Abend des Memorial, nahm sich der Kongressabgeordnete Peter King die Zeit auf YouTube Jackson als „Perversen“ und „Abschaum“ zu bezeichnen. Diane Dimond, langjährige Jackson-Gegnerin, antwortete auf die Blogs trauernder Fans auf ihrer Website, wo sie einen Tag nach Jacksons Tod schrieb, dass sie hoffe, dass Jacksons Tod ein „lehrreicher Moment für Millionen“ sei und sie noch hinzu fügte, dass „es in der Natur der Sache liegt, dass Kinder , die zu Opfern werden, wieder Opfer hervorbringen würden, wenn sie erwachsen seien… und dass die Liste dessen was ,Michael Jacksons Leben uns lehren kann, lang ist.“
Die nächsten Monate brachten ähnlich endlose Ströme brutaler Enthüllungen, internationale Spekulationen über die Resultate der Autopsie, die Entdeckung von Propofol und anderer Narkotika in Jacksons Blut, das Neudefinieren des Todes als Totschlag, Argumente darüber, wie fit er für „This is it“ war, immer wieder veränderte Termine für die Beerdigung, das Sorgerecht für die Kinder, sowie der Streit über die Kontrolle seines Besitzes.
Eine Reihe von Tributen bei den BET’s, VMA’s, Emmy’s und Grammy’s- brachte, wenn auch nur kurz, ein wenig Linderung von Hass und Groll. Aber als die Award-Saison vorüber war, kam, als Dr Murray formell wegen fahrlässiger Tötung im Februar angeklagt wurde, das Geschäft damit, herauszufinden was oder wer Jackson tötete, wieder aufs Tapet.
Im darauffolgenden Monat reichten Joe Jackson und sein Anwalt Brian Oxman ein 13-seitiges Dokument beim Bezirksgericht LA ein. Eine wirksame Mitteilung an die Anwälte Murrays über ihre Absicht, eine Zivilklage wegen „widerrechtlicher Tötung“ gegen deren Klienten zu führen, darüber können Chernoff und sein Team nicht überrascht gewesen sein, denn eine staatliche Klage wird oft begleitet von einer Zivilklage.
Schlagzeilen, dass „Michael hätte gerettet werden können“ folgten, nachdem Joe Jackson und Oxman Murray vorgeworfen hatten, nicht schnell genug gehandelt zu haben und den Hilfskräften gegenüber, die Jackson ins Krankenhaus brachten, Informationen vorenthalten zu haben. Beide, Joe Jackson und Oxman beklagten sich darüber, dass, als Jackson im Krankenhaus ankam, die Mediziner aggressive Wiederbelebungsmaßnahmen ergriffen, um einen Puls und einen Herzschlag zu bekommen, der schließlich dann aufhörte. Im Laufe von Murrays Verhandlung treten solche Details in die Mitte des Medieninteresses und was auch ganz klar ist: Für maximalen Effekt und maximale Verkaufszahlen wird der Fokus fast ausschließlich auf Jacksons Medikamentenabhängigkeit liegen.
Im Auge des Sturms, das Schicksal von Murray- ein Mann, der immer mehr den Anschein von jemandem erweckt, der fassungslos darüber ist, wie er zu dieser Schmach kam, scheint sehr surreal. Während die Medien Murray ständig in die Mitte der Ermittlungen stellen, haben sich so gleichzeitig auch bei der Öffentlichkeit Überlegungen verringert, inwieweit sie wohl selbst eine Rolle gespielt haben- oder zumindest wie sehr sie die Voraussetzungen verschärft haben, die Jackson in eine solche Tragödie stieß.
Dies ist keine Verteidigung Murrays , der ursächlich für den Tod Jacksons verantwortlich ist. Fahrlässige Tötung, eine legale Anklage, die kaum Strafen nach sich zieht für den, der dessen schuldig gesprochen wird, und bei Murray sieht es so aus, als qualifiziere er sich dafür. Aber der Fokus der Medien liegt immer noch in der Schuld Murrays und das dient in Wahrheit nur ihnen selbst. Die Wahrheit ist, dass Murray nicht der „gefallene Junge“ ist, wie ihn uns seine Anwälte zeigen- weil er nämlich nicht der einzige Spieler ist in dieser Geschichte.
Berühmt und zurückhaltend hat sich Jackson, nach dem Erfolg von „Off The Wall“ 1979 und dem Phänomen „Thriller“ 1982 , lange schon zurückgezogen hinter sorgsam konstruierter PR und kontrollierten Presseauftritten , um den Druck einer übermäßigen Preisgabe im Zaum zu halten. Nicht ganz fremd gegenüber dem Messer, hatte Jackson 1979 eine Nasen-OP, da er beim Tanzen einen Unfall hatte. Später hatte er weitere OPs an seiner Kopfhaut durch die schlimmen Verbrennungen, die er bei dem Pepsi-Werbespot 1984 erlitt.
In den späten 80ern, in denen Michael immer noch sehr dem „kleinen Michael“ glich, war seine Präsens in der Presse relativ neutral. Fantastische Geschichten über Jacksons Lebensstil in Neverland- von ihm selbst veröffentlicht, waren in der Öffentlichkeit ein Beweis dafür, dass er ein bizarres, jedoch liebenswertes Menschenkind war.
Diese Neutralität verschwand jedoch, Als sich Jackson physisch total veränderte und die wahrgenommene „Seltsamkeit“ in den Jahren zwischen dem sehr erfolgreichen „Bad“ –Album und dem „Dangerous“-Album 1991 anfing, Kritik und Aufmerksamkeit hervorzurufen. Aber es war das Ereignis 1993, dass die zerbrechliche Beziehung zerstörte, die zwischen Jackson und der Presse bestand.
Zu versuchen, einen Überblick über die Tragweite der turbulenten und verheerenden Jahre in Jacksons Leben zu bekommen, ist nahezu unmöglich. So viele wahre, wichtige Informationen wurden von Journalisten nicht veröffentlicht und genau dafür zahlten die Netzwerke. Die meisten Amerikaner blieben unwissend, dass die „Fakten“, die ihnen präsentiert wurden, in beiden Fällen 1993 und 2003/5, keinerlei Ähnlichkeit hatten mit der Wahrheit, die hinter den Schlagzeilen und der allgegenwärtigen Berichterstattung lag. Die Ambivalenz, die viele Menschen gegenüber Jacksons Erbe haben, hängt von diesen Dingen ab.
Natürlich wäre es lächerlich und naiv, zu erwarten, dass Journalisten, Herausgeber und Medien-Netzwerke den „Wert“ der Anschuldigungen gegen Jackson, die 1993 begannen, ignorieren würden. Aber wenn man sich die negative Erzählweise einer ganzen Industrie ansieht, kann man ganz klar sehen, dass das Verhalten der Medien-im Besonderen einiger Individuen in dieser Industrie- sich weit weg bewegte von dem, was wir für einen Berufsstand als akzeptabel ansehen können. Das hochgradig effektive „Monstrum“ Michael Jacksons war beabsichtigt und systematisch herbeigeführt worden. Aber indem wir dieses Konstrukt untersuchen, könnten wir vielleicht verstehen, wie ein Mythos entstand.
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