Ich wollte das Folgende eigentlich schon vor einiger Zeit einstellen, habs aber vergessen. Bin beim Aufräumen grade wieder drüber gestolpert
Gerechtigkeit bei Prominenten-Prozessen: Das Volk des Staates Kalifornien gegen Conrad Murray, MD - Die Michael Jackson Saga
Dr. Caleb Pilgrim, 8. Juli 2011
Der Tod eines Prominenten und die Beteiligung daran kann niemals eine belanglose Angelegenheit sein. Dementsprechend hatte ich schon früh prognostiziert, daß Dr. Conrad Murray, Kardiologe und Michael Jacksons "Leibarzt", nach Jacksons Tod Wochen vor seiner geplanten Comeback-Tour in London im Jahr 2009 angeklagt werden würde.
Einige Freunde, die viel klüger sind als ich, bestritten diese Vorhersage. Es erschien ihnen undenkbar, daß es einen Prozess geben würde, in dem Dr. Murray sich verantworten muß. Auf ihrer Seite hatten sie - aus unterschiedlichen Gründen - die Unterstützung von Dr. Jack Kevorkian, der sich, nahezu als Einziger unter der Ärzteschaft, zu Dr. Murrays Verteidigung ausgesprochen hat. Nach Dr. Kevorkians Auffassung hat Mr. Jackson "bekommen, was er wollte." Es war eine Art Selbstmord, für die man Dr. Murray nicht verantwortlich machen kann. Doch die Würfel sind gefallen. Dr. Murray steht nun in Los Angeles vor einem Prozess wegen fahrlässiger Tötung.
Für diejenigen von uns, die noch an "Glück" glauben - wenn es jemals einen unglücklichen Mann gegeben hat, so ist es wahrscheinlich Dr. Murray. Im Mai 2009 schloss er offenbar einen Vertrag mit Mr. Jackson und dessen Tour Promotor, Anschutz Entertainment Group, AEG Live, einem der führenden Sport- und Entertainment-Unternehmen, demzufolge er ca. 150.000 US-Dollar pro Monat erhalten würde. Am 25. Juni 2009 starb Mr. Jackson in Folge eines Herzstillstands - weniger als zwei Monate, nachdem Dr. Murray, gemäß seines Vertrags, begonnen hatte, für ihn zu arbeiten. Dr. Murray hat offenbar nie Geld erhalten. Im Nachhinein ist es einfach, zu sagen, der Arzt hätte das Angebot solchen Geldes lassen sollen, wo es war - eine glanzvolle Aussicht, die nur allzu schnell verschwand wie eine Fata Morgana in der Wüste. Seine ärztliche Tätigkeit und sein Ruf hätten durch die tragischen Ereignisse, die später stattfanden, nicht gelitten. Doch sein Verdienstausfall, wenngleich erheblich, war keinesfalls so schwerwiegend wie der Prozess, dem er nun entgegensieht.
Der Autopsiebericht der Gerichtsmedizin vom ca. 19. August 2009 erklärte, die Art und Weise von Jacksons Tod sei ein Tötungsdelikt, basierend auf dem Folgenden:
1. Die Umstände deuteten darauf hin, daß das Propofol und die Benzodiazepine von jemand anderem verabreicht wurden
2. Das Propofol wurde in einer nicht-klinischen Umgebung ohne entsprechende medizinische Indikation verabreicht
3. Die Sorgfaltsstandards für die Anwendung von Propofol wurden nicht erfüllt. Empfohlenes Equipment für die Überwachung und Reanimation des Patienten war nicht vorhanden, es gab keine präzise Dosierung
4. Die Umstände sprachen nicht für eine Selbst-Verabreichung von Propofol.
Hinsichtlich der Verwendung von Propofol in diesem speziellen Fall erklärte der Coroner: "Es gibt meines Wissens KEINE Berichte über den Einsatz von Propofol bei Schlaflosigkeit. Die einzigen Berichte über den Einsatz in häuslichem Umfeld sind Fälle von schwerwiegendem Missbrauch (erstmals berichtet im Jahr 1992), Selbstmord, Mord und Unfall."
Dr. Murrays Prozess - Das Volk des Staates Kalifornien gegen Conrad Robert Murrray, Fall Nr. SA 073164 - wird in Kürze vor dem Los Angeles Superior Court beginnen. Eine Jury wird zusammengestellt. Die künftigen Juroren werden, wie üblich, unter Eid erklären, daß sie fair und unparteiisch gegenüber beiden Seiten -
sowohl Dr. Murray als auch dem Volk des Staates Kalifornien - sein können, und daß sie die Regeln, die der Richter ihnen vorgibt, befolgen werden.
Dennoch könnte es für Dr. Murray durchaus schwierig sein, ein faires Verfahren zu bekommen. Die enorme Publicity im Vorfeld des Prozesses macht es unwahrscheinlich, daß ein beliebiger potentieller Geschworener nicht vertraut mit diesem Fall, wenn nicht gar empfänglich für die eine oder andere Version der "Fakten" ist. So schrieben verschiedene Zeitungen, Dr. Murray habe finanzielle Probleme; er habe mit einer Frau, angeblich eine ehemalige Stripperin und Tänzerin, sein siebtes Kind, Che Giovanni Murray, gezeugt, welches kurz vor Jacksons Tod geboren wurde; er sei angeblich im Rückstand, was Unterhaltszahlungen für seine anderen Kinder betrifft; er habe viel Zeit mit Telefongesprächen mit anderen, auch mit einer weiteren Freundin, verbracht, statt sich um seinen Patienten zu kümmern; er habe, als er Mr. Jackson behandelte, weder für die richtige Ausrüstung noch für einen ausgebildeten und in der Anwendung von Propofol und der Reanimation eines Patienten erfahrenen Anästhesisten gesorgt; er habe Mr. Jackson außerhalb einer angemessenen klinischen/Krankenhaus-Umgebung Propofol verabreicht; er sei unfähig gewesen, eine effektive kardio-pulmonale Reanimation auszuüben; er habe den Sanitätern an Jacksons Todestag gar Medikamente verheimlicht; und so weiter.
Im Gegensatz dazu stehen die weniger bekannten Behauptungen in Joseph Jacksons Beschwerde an das California Medical Board gegen AEG, Dr. Murray habe gefordert, daß der Tour-Organisator, AEG Live, ihm eine lebensrettende CPR-Ausrüstung und eine Krankenschwester oder einen "qualifizierten medizinischen Assistenten" zur Verfügung stellt. Es wird ferner behauptet, Dr. Murray habe während der Vertragsverhandlungen eine E-Mail mit dem Inhalt erhalten, der Vertrag würde sich verzögern, weil es ein "ungewöhnliches Ereignis" für einen Arzt sei, angestellt zu werden, um sich um einen Sänger auf Tour zu kümmern. Der entsprechende Vertrag scheint von Dr. Murray am oder um den 24. Juni 2009 unterzeichnet worden zu sein, dem Tag, bevor Jackson starb. Ein Polizeisprecher sagte angeblich in einer eidesstattlichen Erklärung, Dr. Murray habe der Polizei mitgeteilt, daß Jackson ihn um Propofol anflehte, um seine Schlaflosigkeit zu behandeln, und daß dieser das Medikament als seine "Milch" bezeichnete. Es scheinen sich geringe Spuren des Medikamentes in Jacksons Verdauungssystem befunden zu haben. Während der Vorverhandlung im Januar diesen Jahres räumte ein Zeuge der Anklage ein, es sei plausibel, daß Jackson "selbst Propofol eingenommen hat". So wichtig diese Tatsachen sind, sie werden Dr. Murray noch nicht entlasten. Im besten Fall könnten sie einen Zivilprozess des Jackson-Estates gegen AEG unterstützen.
Dr. Murray könnte sich auch noch in einem weiteren Dilemma befinden. Er hat offenbar kurz nach dem Tod des Sängers die Polizei einige Stunden lang unterstützt. Es ist nicht klar, ob er darum ersucht hat, daß sein(e) Anwalt/Anwälte anwesend sind, oder ob sie wegen der Befragungen anwesend waren, in denen er die Polizei "unterstützte". Mit großer Wahrscheinlichkeit müssen seine Anwälte nun widersprüchlichen Aussagen oder sogar Eingeständnissen, die er während der vielen Stunden, in denen er die Polizei "unterstützte", zu seinem Nachteil gemacht haben mag, entgegentreten.
Dr. Murray hat das Recht auf eine Jury von seinesgleichen. Er stammt aus West-Indien, aus Grenada und Trinidad. Er spricht noch immer mit einem ausgeprägten west-indischen Akzent, was jedem auffällt, der seine Aussagen hörte, in denen er seine Unschuld beteuerte. Er ist Kardiologe und ausgebildeter Fachmann. Keine Jury, die für seinen Prozess in Los Angeles ausgewählt wird, wird wohl eine Jury von seinesgleichen sein, und eine solche Jury muß nicht zwangsläufig Sympathien für den Ausländer in ihrer Mitte entwickeln.
Die Mitglieder der Jackson-Familie, nah und fern, wollen nun jemanden, der für den Tod des Entertainers geradesteht. Sie behaupten, "Michael wurde ermordet". Jesse Jackson und auch andere haben sich dazu geäußert. Mit solch enorm negativer Publicity besteht die Gefahr, daß Dr. Murray kein faires Verfahren bekommt.
Abschließend stelle ich eine weitere Prognose. Dr. Murray wird am Ende seines Prozesses der fahrlässigen Tötung für schuldig befunden werden. Infolgedessen wird er höchstwahrscheinlich verhaftet werden. Zusammengefasst wird er weit mehr verloren haben, als er erreichte, den übermäßigen internationalen Bekanntheitsgrad, den Verlust seiner beruflichen Lizenz, um als Mediziner tätig sein zu können, den Verlust seines Einkommens, und auch das Risiko, durch verwirrte Fans im oder außerhalb des Gefängnisses persönlichen Schaden zu erleiden, und, viel wichtiger, seinen Seelenfrieden. Vieles wird von den Aussagen der Zeugen abhängen, doch wenn nicht ein Wunder geschieht, ist es das für Dr. Murray [Orig.: "For Dr. Murray this is it"].
Dr. Caleb Pilgrim, Rechtsanwalt
Antwort von Dr. Barry L. Friedberg, MD, 11. Juli 2011:
In einem Kalifornien, das den eindeutig schuldigen O.J. Simpson nicht überführen konnte, ist es nicht sicher, daß eine Verurteilung des ebenso schuldigen Conrad Murray erreicht werden kann.
Doch davon abgesehen können auch noch so viele posierende Verteidiger mit ihren Versuchen, begründete Zweifel zu wecken, Murray jemals von seiner Verantwortung entlasten, auf Jackson aufzupassen und ihn zu überwachen.
Mich erreichte eine Anfrage von Michael Flanagan, einem von Murrays Verteidigern, der mich als ersten Anästhesisten ausgewählt hatte, um zu Murrays Verteidigung auszusagen.
Vor diesem Interview, als ich das Michael Jackson Kapitel in "Getting Over Going Under" schrieb, hatte ich angenommen, Murray habe im Rahmen seiner klinischen Ausbildung die Kompetenz erworben, Propofol zu verabreichen.
Flanagan räumte diesen Eindruck aus, als er beschrieb, wie Murray Propofol bei Kardioversionen (Eingriff bei Vorhofflimmern, Herzrhythmusstörungen) verabreichte. Flanagan sagte, "Murray legte nicht einmal eine Infusion. Er spritzte [Anm.: to mainline = Drogen spritzen, fixen] das Propofol einfach direkt in eine Vene."
Ich sagte Flanagan, daß er mich beeindruckte, jedoch überhaupt nicht auf die Weise, die er sich erhofft hatte.
Es gibt kein Wort in der englischen Sprache, um Murrays Rücksichtslosigkeit, Propofol bei Kardioversionen zu spritzen, zu beschreiben. Nicht einmal ein Assistenzarzt an seinem ersten Tag an unserer medizinischen Fakultät wäre so leichtsinnig und nachlässig.
Das einzige, das noch unverantwortlicher wäre als Murrays Verhalten in Jacksons Heim, wäre gewesen, Jackson in einem Flugzeug in die Luft zu bringen und ihn ohne Fallschirm hinauszustoßen.
Propofol zu spritzen, zusammen mit Murrays Versäumnis, für seine vielen unehelichen Kinder zu sorgen, die er mit mehreren Frauen hat, und seine lange Geschichte des Versagens, was das Nachkommen sonstiger finanzieller Verpflichtungen betrifft, führt mich dazu, meine Diagnose von Murrays Persönlichkeit neu zu bewerten.
Murray ist das "Aushängeschild" für die Soziopathen Amerikas.
Er ist kein unwissender Narr, sondern ein Mensch, der glaubt, Verhaltensregeln würden für ihn nicht gelten.
Wenn er die Verantwortung für den Tod Michael Jacksons ablehnt, so spricht der Soziopath in ihm, der von seinen eigenen Worten überzeugt ist und offensichtlich glaubt, er könne auch eine Jury überzeugen.
Ein weiterer Versuch, Murrays Bild in der Öffentlichkeit zu rehabilitieren, beinhaltete eine Verlautbarung, welche besagte, er sei niemals wegen eines Kunstfehlers verklagt worden. Als ob nie verklagt worden zu sein ein Zeugnis für seine wunderbare ärztliche Tätigkeit sei. Ein informierter Zuhörer sollte schnell erkennen, daß dieses Dokument ein größeres Zeugnis für das aalglatte Gerede eines Soziopathen ist, nicht für bedeutende ärztliche Fähigkeit.
Glauben Sie nicht eine einzige Äußerung Murrays, die nicht unabhängig bestätigt werden kann.
Leider ist es unwahrscheinlich, daß Murray, auch wenn er für schuldig befunden und ihm seine Approbation entzogen wird, die Ausübung seiner ärztlichen Tätigkeit beenden wird. Die Regeln gelten einfach nicht für ihn, zumindest nicht in seiner Denkweise.
Quelle: prerogativechambers.com - Übersetzung Pearl
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Ist ja schon vom Juli, das Ganze - aber abgesehen mal von den bekannten Sachen finde ich Dr. Friedbergs Einschätzung von CM´s Persönlichkeit überaus interessant!
Und - Mr. Pilgrim - Dr. Murrays Seelenfrieden ist so ungefähr das Letzte, was mich derzeit beschäftigt.
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