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MICHAEL JACKSON 'Black Or White' Classic Tracks

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    MICHAEL JACKSON 'Black Or White' Classic Tracks

    Produzenten: Michael Jackson, Bill Bottrell • Ingenieur: Bill Bottrell

    Veröffentlicht im August 2004

    Die achtzehnmonatige Ausreifungszeit von Michael Jacksons Dangerous Album und seine erste Single 'Black Or White' zeigte Studio-Perfektionismus der Achtziger in höchstem Maß - und ungeachtet seines Erfolgs trug diese Erfahrung dazu bei, Co-Autor, Ingenieur und Co-Produzent Bill Bottrell davon zu überzeugen, daß es eine andere Art geben mußte, Aufnahmen zu machen.
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    Richard Buskin

    Der mit dem Grammy Award ausgezeichnete Produzent, Toningenieur, Komponist und Musiker Bill Bottrell hat seit seinem College-Abschluß im Jahr 1974 und den ersten Arbeiten in einem Tonstudio einige bemerkenswerte Verdienste angehäuft. Er arrangierte das George Harrison/Bob Dylan/Roy Orbison/Tom Petty/Jeff Lynne Opus The Traveling Wilburys, Vol. 1 (1988), Petty´s Full Moon Fever (1989) und Madonna´s Like A Prayer, co-produzierte Thomas Dolby´s Album Ate Aliens My Buick (1988), Madonna´s Songs im Dick Tracy Film-Soundtrack (1990) und drei Nummern auf Michael Jackson´s Dangerous (1992); er produzierte den Film-Soundtrack zu In Bed With Madonna (alias Truth Or Dare in den Vereinigten Staaten, 1991), sowie Sheryl Crow´s Smash-Hit-Debüt Tuesday Night Music Club (1993) und das gleichnamige I Am Shelby Lynne (2000). In jüngster Zeit hatte er Live-Auftritte mit verschiedenen Bands, die er in seinen Studios in der Nähe von Mendocino in Nordkalifornien zusammenstellte, während er besagte Anlage leitete und instandhielt, und Five For Fighting´s zweites Album, The Battle For Everything, co-komponierte, produzierte, arrangierte und abmischte, welches in diesem Jahr unter dem Sony Music Label veröffentlicht wurde.



    Nachdem er als Ingenieur an dem 1984er Victory Album der Jacksons und dann, drei Jahre später, in seinem Haus in Encino als Teil des zweiten Teams an Michaels Album Bad gearbeitet hatte, erhielt Bottrell im Jahr 1988 die Aufforderung, die Arbeit an dessen Fortsetzung zu beginnen. Die Tatsache, daß er zu diesem Zeitpunkt bereits ein Produzent war, kam gerade zur rechten Zeit, denn "The Gloved One" hatte sich gerade von Quincy Jones getrennt und versuchte, sich mit Hilfe einiger neuer Partner in den Bereichen Song-Schreiben, Produktion und Arrangement ein kompromissloseres, raffinierteres Image zu geben - insbesondere mit Teddy Riley, sowie mit Glen Ballard und Bruce Swedien. So kam es, daß Bottrell schließlich als Co-Komponist von 'Dangerous', 'Give In To Me' und 'Black Or White' landete, wobei er die beiden letzteren neben dem aus Jacksons Feder stammenden 'Who Is It' auch co-produzierte.

    From Bad To Worse ...

    "Michael sagte mir am Ende der Bad Sessions, er werde mich als Produzent für sein nächstes Album engagieren", bestätigt Bottrell und erläutert, wie seine erste Mitwirkung an Dangerous im LA Oceanway [Studio-] Complex begann.

    "Die Songs, die wir als Co-Autoren schrieben, entstanden daraus, daß Michael Melodien und Grooves summte, während ich, nachdem er das Studio verlassen hatte, diese Ideen mit verschiedenen Schlagzeug-Synthesizern und Samplern weiterentwickelte, unter anderem mit einem Akai S1000", sagt Bottrell. "Wir waren jedoch nur ein paar Wochen in Oceanway, und nichts von dem, woran wir dort arbeiteten, schaffte es tatsächlich auf das Album."
    Danach fanden die Sessions in den Westlake Studios statt, wo Bruce Swedien in einem Raum arbeitete, Bottrell in einem anderen, und Schlagzeuger/Percussionist/Synth-Player Bryan Loren schließlich in einem dritten. Ausgestattet mit einer Neve-Konsole verwendete Bottrell ein Paar 24-Track Studer Analogue Bandgeräte, um die ersten Tracks aufzunehmen und sie dann auf einem Mitsubishi 32-Track zusammenzusetzen.



    "Als wir in Westlake angekommen waren, war 'Black Or White' das erste, was Michael mir vorsummte", erinnert er sich. "Er sang mir das Hauptriff vor, ohne zu präzisieren, auf welchem Instrument es gespielt werden sollte. Ich schloß eine Kramer American Guitar an einen Mesa Boogie Verstärker an, verband ihn mit einem Beyer M160 Mikrofon und bekam diesen körnigen Sound, als ich zu Michaels Gesang spielte. Er sang mir auch den Rhythmus vor und ich unterlegte ihn mit einem einfachen Schlagzeugsynthesizer-Muster aus einem Emulator, und nachdem er gegangen war, konnte ich ein paar Tage lang allein an dem Track arbeiten. Tatsächlich war es Michael, der mich als Musiker förderte – während der Bad Sessions summte er mir Sachen vor und ging davon, und ich war dann zwei Wochen lang dort allein und arbeitete an einem Track. Ich war es gewohnt, zu sampeln, er jedoch brauchte Musik; Gitarren, Keyboards, was auch immer. Das erwartete er von mir. Er setzte voraus, daß ich das kann; und seitdem ich ein Musiker war, folgte ich einfach seinem Beispiel, bevor ich mich mit der Technik beschäftigte.

    "Für 'Black Or White' legte ich einen exakteren Gitarrenpart fest, und ich hatte auch diesen ziemlich stupiden EIII Drum-Synthesizer, der nur eine Taktschleife spielte. Damals hatte ich einen Hybrid Arts Sequencer, den ich sehr liebte - er lief mit einem Atari-Betriebssystem und war zu seiner Zeit technisch ziemlich hochentwickelt, und ich verwendete ihn für alle meine MIDI [Musical Instrument Digital Interface] -Datenspeicher. Ich konnte absolut alles damit in Gang bringen, also habe ich angefangen, jede Menge Schlaginstrumente hinzuzufügen, unter anderem Kuhglocken und Shaker [Rasseln], um einen swingenden Groove zu ereichen. Die Gitarre swingte ziemlich, so wie im Original definiert, als Michael es mir vorgesungen hatte, und die Percussion-Elemente waren sehr geradlinig, aber der Groove selbst wurde im Sequenzer stark verbessert, um komplex und mehrdimensional zu klingen. Dies bedeutete im Wesentlichen, Dinge zu verändern und die Gegebenheiten zu manipulieren.



    "Sobald ich am ersten Tag die Gitarren- und Schlagzeugsynthesizer-Parts fertiggestellt hatte, performte Michael einen Scratch Vocal [-> Vocal Performances, die in der Regel eingesungen werden, wenn die Rhythmus-Instrumente aufgenommen werden, damit die Musiker ein Gefühl für den Song bekommen und den Überblick behalten, an welcher Stelle des Songs sie sich befinden. Wenn die Scratch Vocals aufgezeichnet werden, können sie andere Instrumente überlagern; in diesem Fall werden sie gewöhnlich gelöscht. Manchmal sind die Scratch Vocals jedoch so gut, daß sie als Haupt-Vocals des Songs übernommen werden – Quelle] und einige BVs [Backing Vocals]. Ich versah ihn mit einem Mikrofon (Neumann U47), entfernte einen Großteil des hinteren Teils und komprimierte den Rest mit meinem Sontec Limiter. Dieser Kerl ist ein absolutes Naturtalent - ich meine, wir reden hier von Michael Jackson - und für mich war das Beste an 'Black Or White', daß seine Scratch Vocals das ganze folgende Jahr (der Arbeit an Dangerous) unberührt blieben und schließlich im vollendeten Song verwendet wurden. Er hatte einige Textideen, als er zum ersten Mal ins Studio ging, und er ergänzte sie nach und nach."

    Keeping It Loose

    So kam es, daß Bottrell innerhalb von zwei Tagen nach Beginn der Arbeit an 'Black Or White' in Westlake Gitarre, Drum Loops, eine kleine Anzahl von Percussions und das, was sich später als fertige Vocals erweisen würde, aufgenommen hatte. In dem Bewußtsein, daß das Hinzufügen von Bass und etwas mehr Schlagzeug genügen würde, um die Strophen und Refrains auszugestalten, wollte er in der Folge dafür sorgen, daß Jackson dem Song einen elementaren, zwangloseren Sound zubilligen würde.
    "Ich dachte, daß der Gesang brillant war, und daß die lockeren, unvollkommenen Backgrounds absolut charmant waren" sagt Bottrell. "Im Gegensatz zu einigen anderen, die in der Zeit, als ich produzieren durfte, mit Michael arbeiteten, versuchte ich konsequent, mich für schlichtere Vocals einzusetzen, zusammengesetzt aus zwei oder drei Aufnahmen, mit lockereren Backgrounds und einer instinktiveren Atmosphäre. In diesem Fall präsentierte er einen so hinreißenden Haupt- und Backgroundgesang, daß ich beschloß, sie zu behalten. Natürlich mußte es ihm gefallen, sonst würde er mir das niemals durchgehen lassen. Jedenfalls war es so, daß wir die Strophen und Refrains hatten - den Hauptteil des Songs - und zwei große Lücken in der Mitte. Wir sahen einander an und sagten: 'Naja, wir werden sie mit irgendwas füllen.' Es waren große Lücken.

    "Die Gesamtlänge des Songs war zu diesem Zeitpunkt vermutlich etwa eineinhalb Minuten, und Michael hatte sich immer wohler gefühlt, wenn er etwas über einen langen Zeitraum wirklich ausarbeitete, um alles, was er konnte, daran zu entdecken. An den meisten Michael Jackson Songs wurde sehr hart gearbeitet, über viele Monate, und natürlich haben wir in diesen Monaten neben den anderen Songs auch an 'Black Or White' gearbeitet. Wir arbeiteten an den mittleren Abschnitten, um diese beiden große Lücken zu füllen. Das hieß, es gelang mir, während der Song dieses Maß an Aufmerksamkeit erhielt, das Michael den Dingen zu schenken pflegte, dessen außergewöhnliches, abgefahrenes, lockeres und klares Southern Rock Feeling bis zum Ende zu erhalten. Alles andere blieb unberührt. Ich meine, er sprach nie davon, die Vocals zu wiederholen, und so war es vielleicht ebenso seine Absicht, die Dinge so zu belassen, wie sie waren, wie es die meine war.

    "Tatsächlich wollte er von mir für 'Give In To Me' ungezwungenere, mehr instinktive Vocals. Dies bildete einen Gegensatz zu dem, was von den anderen Leuten, mit denen er arbeitete, erreicht wurde, weil er in diesem Fall die gleichen Absichten hatte wie ich. Trotzdem, mit diesem Song trieben wir es auf die Spitze. Wir hatten eine Live-Aufnahme von uns - ich Gitarre spielend auf einem Stuhl sitzend und er singend, und dazu lief ein ganz simpler Drum-Loop. Michael liebte es, ich jedoch wurde unsicher und begann, Dinge umzustrukturieren. Schließlich ließ er Slash kommen und fügte eine Menge Gitarre hinzu, wodurch der Song verändert wurde; nicht zum Besseren, meiner Ansicht nach. Und das hatte nichts mit Slash zu tun, sondern damit, wie der Song umproduziert wurde.


    Auch wenn er an Projekten wie Michael Jacksons
    Dangerous Album arbeitete, suchte Bill Bottrell - hier
    in den frühen 90er Jahren - nach Möglichkeiten,
    Einflüsse seiner Heimat und seiner Wurzeln
    einzubringen.


    "Als Co-Produzent war Michael immer bereit, zuzuhören und sein Vertrauen in mich zu setzen, aber gleichzeitig war er ständig eine Art Führer. Er wußte, warum ich dort war und - bei allen Songs, die er aufnahm - was er von mir wollte. Ich war ein Einfluß, den er anderweitig nicht hatte. Ich war der Rock-Typ und ebenso der Country-Typ, was niemand sonst war. Er hat großes musikalisches Fingerspitzengefühl. Er hat eine komplette Aufnahme in seinem Kopf, und er versucht, die Leute dazu zu bringen, ihm diese zu liefern. Manchmal überraschen ihn diese Leute und ergänzen, was er hört, doch sein eigentlicher Job ist es, Musikern und Produzenten und Toningenieuren das zu entlocken, was er hört, wenn er am Morgen erwacht.
    Nach den ersten paar Arbeitstagen an 'Black Or White' legte ich diesen markanten, wuchtigen, alten Rock & Roll-Akustikgitarren-Part mit meiner All-Mahagoni 1940er Gibson LG2 hin. Sie ist sehr ungewöhnlich und ziemlich ramponiert und hat tatsächlich einen tieferen Klang als die meisten anderen Gibsons – du kannst sie hart spielen und sie wird nicht nachgeben. Das Stück, das ich spielte, war im Stil einiger meiner eigenen musikalischen Einflüsse, wie Gene Vincent, wo man einfach auf die Gitarre schlägt und dabei ein kräftiges offenes 'E' und einen 'A' Akkord spielt. Ich war ziemlich zufrieden damit und fragte mich, ob Michael es mögen würde, aber er verlor kein Wort darüber. Er akzeptierte es einfach, als er es zum ersten Mal hörte, und ich war wirklich glücklich, diese Art klassischen Sound auf ein Michael Jackson Album zu bringen."

    Taking The Rap

    Brad Butler [Brad Buxer] unterstützte Bill Bottrell bezüglich der Feinabstimmung der Percussions und um komplexe Schwingungen zu erreichen - mechanisch, aber mit einer lebendigen Atmosphäre. Zu diesem Zeitpunkt waren sie in Westlake Studio B, während Bruce Swedien das mit Harrison-Equipment ausgestattete Studio A benutzte. Doch dann, während sich die Aufmerksamkeit einigen anderen Nummern zuwandte - 'Earth Song', das auf der 1995er HIStory Kollektion landete, und ein paar andere, die noch immer in den Regalen stehen – wechselte Bottrell ins Studio A und blieb dort für etwa sechs Monate bis zum Umzug zum Ocean Way Record One Complex in Sherman Oaks. Dort füllten er und Michael Jackson auch die beiden großen Lücken im Mittelteil von 'Black Or White'. Zunächst nur mit einem Schlagzeugsynthesizer, woraus letztendlich der Heavy Metal-Teil des Songs bestehen würde, und einem anderen, der sich schließlich zu dem Rap weiterentwickeln würde. Alles in allem dauerte dieser Prozess mit Unterbrechungen etwa ein Jahr, wobei während dieser Zeit auch einige weitere Titel aufgenommen wurden.

    "Ich hatte geplant, in die ersten acht einen Rap einzufügen, und Michael hatte die Idee, Heavy Metal-Gitarren in die zweiten acht einzubauen", erklärt Bottrell. "Er sang mir dieses Riff vor und ich engagierte meinen Freund Tim Pierce, weil ich diese Gitarrenart nicht spielen konnte. Tim legte mit einer Les Paul und einer großen Marshall einige schöne Stücke hin; er spielte die Akkorde, die Michael mir vorgesummt hatte - das ist ein ziemlich ungewöhnlicher Ansatz. Die Leute engagieren einen Gitarristen und sagen: 'Hier ist der Akkord. So muß es sich anhören', und der Gitarrist soll sich das Stück ausdenken. Michael dagegen summt jeden Rhythmus und jede Note oder Akkord, und er kann das so gut. Er beschreibt den Sound, den die Aufnahme haben soll, dadurch, daß er ihn dir vorsingt ... und wir reden hier von Heavy Metal-Gitarren!"



    Nachdem Tim Pierce den Wünschen des Bosses nachgekommen war, spielte Michael Boddicker ein eigenständiges Roland Sequenzer Stück, das wie eine Highspeed-Gitarre klingen und in den und aus dem Heavy-Metal-Teil übergehen sollte. Bottrells junger Musikerfreund Kevin Gilbert steuerte ebenfalls einige Highspeed-Sequenzer bei.


    Foto: Mick Hutson / Redferns

    Michael Jackson förderte das Dangerous
    Album mit einer gigantischen Welttour
    (und einigen bizarren Outfits).


    "Michael Boddicker spielte in mehreren Songs Synthesizer und Keyboard", erinnert sich Bottrell, "und in 'Black Or White' spielte er wirklich schnelle Sequenzer-Noten rauf und runter, und ich speicherte sein MIDI, wie es war, auf meinem Hybrid Arts. Dies nahm ich dann, legte ein Gitarren-Sample in meinen Akai und ließ es über den Mesa Boogie Verstärker laufen, um es gitarrenähnlicher klingen zu lassen. An diesem Punkt war der Heavy Metal-Teil vollständig, und Michael (Jackson) sang es; das hieß, wir mußten nur noch den Rap machen. So blieb es geraume Zeit, während der ich Bryan Loren an einen Moog-Bass stellte und versuchte, Terry Jackson an einem fünfsaitigen E-Bass über einen Vorverstärker laufen zu lassen, den ich gebaut hatte. Bryans Moog-Part war wirklich gut, und ich verwendete einige von Terrys Noten, um ihn zu verstärken und einen Rhythmus zu erzeugen. Außerdem ersetzte ich die simple Emulator Drum Machine mit Live-Drum-Samples, die ich auf meinem Akai hatte."

    "Ich sagte immer wieder zu Michael, daß wir einen Rap brauchen, und er zog Rapper wie LL Cool J und Notorious B.I.G. hinzu, die in anderen Songs performten. Irgendwie hatte ich für 'Black Or White' keinen Zugang zu ihnen, und es wurde später und später und ich wollte, daß der Song fertig wurde. Also schrieb ich eines Tages den Rap – ich wachte morgens auf und begann, noch vor meiner ersten Tasse Kaffee, aufzuschreiben, was ich hörte, denn ich hatte den Song zu diesem Zeitpunkt bereits seit etwa acht Monaten im Kopf und es war eine Obsession, zu versuchen, diese letzte Lücke zu schließen."

    Es ist interessant, daß Jackson diese Aufgabe Bottrell überließ und nicht versuchte, besagte Lücke selbst zu schließen. "Das ist seine Art", erklärt Bottrell. "Es erscheint wie zufällig, doch es ist, als ob er die Dinge durch Unterlassung geschehen läßt. Niemand sonst ist wie er, und es ist, als wüßte er, womit du zu kämpfen hast und forderte dich heraus, es zu tun. Ich für meinen Teil hatte nicht großartig über weißen Rap nachgedacht, darum holte ich Bryan Loren, um meine Texte zu rappen. Er änderte einige der Rhythmen, doch er fühlte sich als Rapper nicht wohl. Daraufhin performte ich selbst ihn am gleichen Tag, nachdem Bryan gegangen war; ich machte mehrere Versionen, wählte eine aus, spielte sie Michael am nächsten Tag vor, und er sagte: 'Ohhh, ich liebe es Bill, ich liebe es. Das ist es.' Ich sagte immer wieder: 'Nein, wir brauchen einen echten Rapper', doch sowie er meine Performance gehört hatte, legte er sich darauf fest und zog nicht in Betracht, noch irgendjemand anderes heranzuziehen."

    The Notorious W Cool B? Wem der Schuh passt ... "Ich konnte damit leben", sagt er. "Ich konnte nicht wirklich sagen, ob es sich gut anhörte, doch nachdem der Song veröffentlicht wurde, hatte ich den Eindruck, daß die Leute es als brauchbaren Rap akzeptierten. Seit ich versuchte, alles instinktiv und aus dem Augenblick heraus zu tun, hatte ich mein Bestes gegeben, und offenbar funktionierte es ... ich spielte im Rap-Part auch ein abgefahrenes Gitarrenstück auf meiner Kramer American, doch noch immer hatte ich das Gefühl, der Song brauche ein bißchen Feuer, und so sampelte ich einige verzerrte Gitarrenriffs in mein Akai und legte sie querbeet darüber. Er brauchte einfach mehr Leben, und eine echte Gitarre hätte den falschen Effekt, darum legte ich ein Keyboard aus vielleicht acht Gitarrenversionen an, und da ich es nicht tun wollte - ich hatte den Song so oft gehört - holte ich meinen Freund Jasun Martz dazu. Er hörte sich die Samples einmal an, hörte sich den Song an und fügte sie einfach zusammen, indem er meinem Hybrid Arts, ein MIDI-Keyboard und die Akai Sampler benutzte, und es funktionierte großartig. Er brachte Einheit und Rock & Roll-Feuer in etwas Zusammengestückeltes."


    Bildmaterial mit freundlicher Genehmigung durch Bill Bottrell

    Als Reaktion auf die klaustrophobische Studio-Umgebung, der er sich bei Projekten wie dem
    Dangerous Album gegenübersah, richtete Bill Bottrell ein Einzimmer-Studio namens Toad Hall
    ein, wo der Schwerpunkt darauf liegen sollte, ein Gefühl von Live-Performances einzufangen.


    Eine Möglichkeit, wo Bill Bottrell gegen den Strom schwamm, während er an 'Black Or White' arbeitete, lag in der Tat darin, die Live-Räume der Westlake und Record One Studios zu nutzen; seine eigenen Gitarren-Parts wurden in den Regieräumen überwacht, doch nahezu alle anderen Elemente, darunter Michael Jacksons Gesang, in den Live-Bereichen der Studios. "Man darf nicht vergessen, dies war Ende der Achtziger Jahre; sehr viel Arbeit wurde in Regieräumen erledigt und diese riesigen Studios waren verschwendet", bemerkt Bottrell. "Ich fand es immer grotesk, wie Studios entworfen wurden – die ganze Ausrüstung befand sich im Regieraum und es gab keinen Platz für die Menschen - also konstruierte ich mein eigenes Studio, bestehend aus einem Raum ohne Glasscheibe dazwischen."

    Es hieß Toad Hall und befand sich in einer Ladenpassage in der Nähe des Pasadena Playhouse ein paar Meilen nordöstlich von Los Angeles. Es bestand aus einem langen, hohen Raum mit Kunststeinen und neogotischer Beleuchtung, gesäumt mit Büchern und Tapisserien an den Wänden, antiken Möbeln und jeder Menge erstklassigem Aufnahmezubehör, Hier hat Bottrell, neben zahlreichen anderen Projekten, Sheryl Crow´s Tuesday Night Music Club Album produziert, arrangiert und mitgeschrieben, und seit dem Umzug in der zweiten Hälfte der Neunziger Jahre in ein winziges, abgelegenes, nordkalifornisches Dorf hat er mit dem ausgedehnten, offenen Williams Place, welcher eine Neve 8058 Konsole, Pro Tools und Radar II und Studer A800-Recorder beherbergt, den einzigartigen Look und die Atmosphäre größtenteils repliziert.

    Mixing & Matching

    Entsprechend seiner üblichen Vorgehensweise mixte und konstruierte Bottrell den Song im Lauf seines Entstehungsprozesses. "Schon damals habe ich nicht an 'mixen' per se geglaubt . Ich mixe je nach Bedarf, und wenn die Song-Aufnahmen beendet sind, lasse ich die Regler, wo sie sind und drücke auf Record."

    Trotzdem bedeutete das nicht, daß alles einfach und unkompliziert war, wenn der eigentliche Mix am Record One Neve 8078 erfolgte. Wie konnte das sein? "Mixen war ein ganz schöner Trip", bekräftigt er. "Ich spielte mit den Feinheiten der Tontechnik und was das mit der Stimmung des Songs machte. Dort habe ich gekämpft. Es ging um Ausgewogenheit oder Effekte. Es gab nicht viele Effekte. Wie ich schon sagte, der größte Teil von 'Black Or White' blieb immer gleich, doch ich bekam den Rap- und Heavy Metal-Part nicht so hin, daß sie sich richtig anhörten. Ich ging also zu Larrabee, wohin der Großteil des Unternehmens umgezogen war, und machte dort einen Mix, und dann bekam ich den Country-Part nicht so hin, daß er gut klang. Das Problem war das SSL [Duality Mixing Board / Mischpult], das eigentlich für den Heavy-Metal-Bereich gearbeitet war - wo die Neve zu viel Resonanz produzierte - aber zu kalt und klinisch für den ursprünglichen und nostalgischen Country-Part war. Es funktionierte überhaupt nicht, also schnitt ich die beiden zusammen, indem ich ein Neve für den Hauptteil und das SSL für den Rap- und Heavy Metal-Teil benutzte.


    Der Live-Bereich im Westlake Studio A, den Bill Bottrell bevorzugte, um Aufnahmen
    von Vocals und anderen Instrumenten zu überwachen.


    "Es dauerte nicht lange, es zusammenzufügen, doch es brauchte lange Zeit, bis mir klar wurde, daß es das war, was ich tun mußte. Ich drehte mich eine Zeitlang im Kreis, und obwohl Michael hin und wieder vorbeischaute, hatte er keine Ahnung von den Kämpfen, die ich durchmachte. Ich glaube nicht, daß ich ihm das jemals erzählt habe. Ich probierte einiges aus, es war an der Zeit, den Song fertigzustellen und abzuliefern, also machte ich den Mix; und nächsten Tag hörte ich ihn mir an und mochte ihn aus irgendeinem Grund nicht. Dennoch, jedes Mal, wenn ich einen Mix machte, dauerte es nur ein oder zwei Stunden oder weniger, denn zu diesem Zeitpunkt war der Song in meinem Kopf bereits so kommerzialisiert und so viele Male wiederholt worden, daß es nichts mehr zu mixen gab. Ich versuchte einfach nur, die Tonaufnahme so hinzubekommen, daß es sich richtig anhörte."

    A Musical Education

    Alles in allem beanspruchte das Dangerous Projekt etwa achtzehn Monate von Bill Bottrells Leben, und die Arbeit daran brachte ihn in direkten Kontakt mit dem extravaganten Megastar und Arbeitsmoral in ihrer extremsten Form. Im Gegenzug war dies eine Ausbildung für ihn, sowohl im Hinblick auf die Anpassung an diese Art von Sensibilität als auch die Feststellung, daß er künftig lieber an ursprünglicheren, ruhigeren, weniger kommerziell orientierten Projekten arbeiten wollte - solchen, die mehr seinen eigenen Appalachen- und Country-Neigungen entsprächen.

    "Inzwischen war ich am Ende meiner musikalischen Ausbildung mit Michael angelangt", sagt er. "Ich war ein paar Jahre lang draußen in seinem Haus und davor mit ihm in verschiedenen Studios gewesen, es ergab alles einen Sinn, und zu der Zeit, als wir gerade mit dem Dangerous Album begannen, war ich gut mit diesem System vertraut. Es lehrte mich eine Menge darüber, etwas wirklich bis zum Ende durchzuziehen, daran zu arbeiten und zu arbeiten, bis es eine Art Perfektion erreicht. Objektivität ist jedermanns größtes Problem, vor allem, wenn man schon sehr lange an einem Song gearbeitet hat, doch es gibt auch eine Schwelle, jenseits derer es kein Problem mehr ist, denn der Luxus, so viel Zeit damit verbringen zu können, wird die mangelnde Objektivität schließlich beseitigen.


    Bill Bottrell heute

    "Mit anderen Worten, es gibt es keine feste Abgabefrist, wenn sich etwas letztendlich falsch anhört. Und du hörst, daß es falsch ist, wenn du es dir fünf Tage lang aus dem Kopf schlägst und es dann noch einmal anhörst. Man hat immer diese zweite Chance, und auch eine dritte, vierte oder fünfte Chance. Das ist eine Technik, die ich von Michael gelernt habe, und auch, sich der Herausforderung zu stellen, alles andere in dieser Branche zu übertreffen. Das erfordert, zu tun, was immer notwendig ist. Ich lernte also all diese Dinge ... und machte sie dann nie wieder. Ich lehnte es vollständig ab, doch das bedeutete nicht, daß ich es aus Respektlosigkeit tat. Ich respektierte es absolut. Es hat mich gelehrt, daß es auch einen anderen Weg gibt, alle zu übertreffen, vielleicht mittels einer exakt gegenteiligen Herangehensweise, einer Technik, die enorme Zeit erfordert; sich anzuhören, welche Platten gemacht werden, welche technischen Spielereien die Leute benutzen und sich zu überzeugen, daß man es besser gemacht hat.

    "Was ich beschloß zu versuchen, war, nicht auf irgendjemand anders zu hören, sondern das absolute Rohmaterial zu nehmen und dies zu einem schlüssigen Ende zu bringen. Nur die Worte und die Melodie und den Sänger; und auch wenn das zu außergewöhnlichen Ergebnissen führen kann, wirst du nicht das Gefühl haben, es sei extrem, weil du nicht auf alle anderen gehört hast. Dies ist die Vorgehensweise, der ich seither immer gefolgt bin, und obwohl es – per definitionem - vielleicht weniger ausgeklügelt ist, sage ich das, ohne in irgendeiner Form über technische Finessen zu urteilen. Zu jener Zeit interessierte ich mich für die Techniken, die für ein Projekt wie Dangerous verwendetet wurden. Es war eine Herausforderung für mich, und in besonderem Maße wollte ich sicherstellen, daß 'Black Or White' mit seiner coolen Southern Rock/Country-Struktur nicht in die falsche Richtung läuft. Das war mein Konzept: Take One zu sichern."

    Quelle: Sound On Sound Magazine / Übersetzung: Pearl
    Zuletzt geändert von pearl; 26.02.2012, 22:01. Grund: Quelle korrigiert

  • #2
    Ich finde solche Berichte immer sehr interessant. Vielen Dank dafür!!

    Kommentar


    • #3
      Pearl........wie immer ist es Dir gelungen ,uns einen interessanten Bericht oder sollte ich sagen wieder ein kleiner Juwel ? zu übermitteln für deine Übersetzung..sie ist etwas kostbares für Diejenigen, die der englischen Sprache nicht so mächtig sind...
      Zuletzt geändert von sternenkucker; 27.02.2012, 14:49.

      Kommentar


      • #4
        Ich wäre ja gerne mal Mäuschen in dem Studio gewesen. Auch heute würde ich es gern mal "sehen", wie ein Song entsteht. Man kann sich als Außenstehender gar nicht vorstellen, wieviel Arbeit dahinter steckt.
        Und unser Michael war sooooo cool.....ein Naturtalent, wie er schreibt.

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