Schon seit Tagen hatte der Blätterwald heftigst gerauscht, sämtliche Medien kündigten Michael Jacksons Europapremiere seines „Earth Song“ mit lautem Getrommel an. Bei Thomas Gottschalks „Wetten, dass .. ?“ in Duisburg sollte das Spektakel stattfinden.
Ok, „Wetten, dass ..?“ – eigentlich nicht so mein Ding. Die Show hat sich im Lauf der Jahre für mein Verständnis etwas müde gelaufen. Thomas Gottschalk ist auch nicht soooo mein Fall. Ganz früher zusammen mit Günter Jauch im BR-Radio – das war ein Granatenduo, wie Delling und Netzer.
Eine Plaudertasche, manche sagen auch Dampfplauderer, die auch gerne mal bis an die Grenze des Erträglichen geht. Er labert zu viel …
Trotz allem scheint „Wetten, dass …?“ immer noch eine super Plattform für nationale und internationale Stargäste zu sein, gleich was sie vorstellen wollen: ein Buch, einen Film, einen neuen song … Gottschalks Showsofa-Gedöns bildet den richtigen Rahmen.
„Wetten, dass ..?“ ist zu diesem Zeitpunkt Europas Samstag Abend live show Nr 1 – die mit der höchsten Einschaltquote – klar, warum Michael seinen „Earth song“ hier präsentieren wird.
Also ich werd’ „Wetten, dass ..?“ nur wegen Michael Jackson anschauen, das lass ich mir nicht entgegen. Was hat man nicht schon alles über diesen Michael Jackson gehört und gelesen?
Ich kann heute nicht mehr sagen, welche Wetten liefen, noch welche anderen showgäste anwesend waren, weder ob die show bis dahin amüsant und unbedingt sehenswert war oder eben nicht.
Erst Michael Auftritt forderte meine komplette gesammelte Aufmerksamkeit. Wie gebannt sah ich seine Dangerous performance zum ersten Mal so richtig bewusst. Klar, jeder kennt den song Dangerous, aber eine performance in einer live show hatte ich noch nie gesehen!
Vom ersten Augenblick war ich in den Bann gezogen … Dieser zierlich-schmächtige Mann im schwarzen Anzug, Hut, seinen obligatorischen weißen Socken und schwarzen Schuhe … Körperspannung von den Zehen- bis in die Haarspitzen, geschmeidig wie eine Raubkatze, die harten Akzente des Tanzes zackig und auf den Punkt getanzt .. das muss ein Magier sein … oder ein sehr großer Perfektionist … wahrscheinlich beides, und noch viel mehr!
Michael und sein Tanzensemble bringen „Dangerous“ so perfekt aufs Parkett, dass ich meine Augen keine Millisekunde abwenden kann. Michaels perfekten dancemoves, geschmeidig, absolut stimmig mit der Musik, alles total anziehend und faszinierend, dass man’s fast nicht glauben kann, was da auf der Bühne abgeht!
Ich kann mich nicht erinnern, ob Michael live sang oder vielleicht doch playback, es spielt auch keine wesentliche Rolle. Dieses Mal ist es der Tanz, der im Vordergrund steht!
Wow, das eben Gesehene passt so gar nicht zu dem öffentlichen image des schmalbrüstigen piepsstimmigen, mit allerhand Skandalen behafteten, in vielerlei Hinsicht freakigen Typ. Mit „Dangerous“ hatte sich mir ein starker, mitreißender, attraktiver, anscheinend sehr disziplinierter und erster Künstler gezeigt, der die große Showbühne mühelos beherrschen und mit seiner Präsenz ausfüllen kann.
Na, bis jetzt hatte sich ja der Samstagabend vor der Glotze voll gelohnt. Mal sehen, was er noch bringt, der Michael.
Ja, und dann ist er dran mit seinem „Earth song“ aus dem „HIStory“ Album. Dieser song wird heute Europapremiere feiern. Und schon geht’s los …
Was mich vorher schon bei „Dangerous“ total in den Bann zog, wird jetzt um ein vielfaches verstärkt durch den „Earth song“ fühlbar, begreifbar, aufrüttelnd, fordernd und flehend zugleich. Der Macht der Bilder aus dem Clip kann man sich nicht entziehen. Ich habe das Gefühl, niemand im Saal (und auch nicht zu Hause vorm TV) kann seinen Blick auch nur einmal abwenden, nicht einmal unaufmerksam sein. Michaels ungeheuere Bühnenpräsenz, die Macht der Stimme, Gestik, Mimik, Bewegungen, die Macht der Worte … alles über- und durchflutet mich, dass ich gar nicht weiß, wie mir geschieht!
Der song ist noch nicht zu Ende und mir ist so unmissverständlich klar, was Michael mit seinem „Earth song“ sagen will. Nicht dass er nicht schon lange und vielfach in dieser Weise auf sein Publikum zugegangen wäre!! Sehr viele Menschen haben das offenbar schon sehr lange verstanden. Nur ich dämlicher Trottel hab bis heute nix kapiert, hab nicht zugehört – und wenn, an falscher Stelle. Hab mit meinen Antennen alles Mögliche aufgenommen, hab die Schmähungen und bitteren Anklagen gegen Michael aufgenommen, aber nicht ernsthaft darüber nachgedacht. Der Mensch hinter der ganzen Geschichte hat mich nicht interessiert, auch nicht was er in seinen songs zu sagen hatte. Hab nur seine Musik konsumiert, ex und hopp, und weiter geht’s Leben.
Ich weiß nicht mal mehr (Gott sein Dank gibt’s die Tube zum Gedächtnis auffrischen!), wie intensiv die Publikumsreaktion ausfiel. Heftiger Beifall oder frenetisch Ausflippende, ein kochender Saal … ich weiß es nicht … auch nicht, ob „Wetten, dass ..?“ an diesem Abend überhaupt noch was zu bieten hatte.
Das, was ich eben von Michael gesehen und gehört hatte, seinen Ausdruck, seine Augen, die eine eigene Sprache zu sprechen scheinen. Und vor allem Michael Stimme, diese Intensität, die durch alle Hirnwindungen dringt und direkt ins Herz geht.
Er scheint zu beidem in der Lage zu sein: eine Publikumsmasse in ihrer Gänze und zugleich jeden einzelnen mitzunehmen, die gesamte Aufmerksamkeit einfordernd. Mich hat er augenblicklich infiziert.
War ich vorher blind oder taub? Nein, eher nicht. Waren meine Scheuklappen übermächtig groß?
Bin ich bisher nur an Michael vorbeigelaufen, hab nur Momentaufnahmen wahrgenommen in künstlerischer als auch persönlicher Hinsicht? Michael hatte mit seinem „Earth song“ schlagartig alles verändert. Die Wucht und Intensität, mir der er mir seinen song und damit die message entgegenschleuderte, ließ keine Gegenwehr zu. Wirklich zuhören, wirklich und wahrhaftig wahrnehmen, ja das wollte ich ab jetzt.
Dann begann eine regelrechte Aufholjagd. Jede Menge info zu Künstler und Werk, damit alleine hat man erst mal ne Weile zu tun. Apropos Werk: HIStory Album, das musste natürlich als erstes her. Nach und nach kamen die älteren Sachen, sofern noch nicht Vinyl vorhanden dazu, oder eben als CD neu. Die alten Sachen aus Jackson5 und Jacksons Zeiten waren zum Teil völliges Neuland, hab alles gierig aufgesogen, und immer wieder HIStory, HIStory …
Nach und nach las ich sehr sehr vieles, was es so alles als printmedien gab und neu erschien. Hab allein einen halben Winter für die Lektüre und Übersetzung der englischen Taraborelli-Bio gebraucht. „American Master“, „Visual Documentary“, „Moonwalk“, „Dancing the Dream“ und vieles mehr .. ein ganzes Gebirge von Eindrücken in info baute sich da vor mir auf, aber auch Fragezeichen, viele Fragezeichen.
Zu „Dancing the dream“: ist bis heute eine Offenbarung und immer noch, immer wieder Lieblingslektüre (entsprechend sieht das Teil aus, Eselsohren, zerfleddert, 1000 bookmarks … begebe ich mich außer Landes, ist „Dancing the dream“ immer dabei, heute noch!!) Ich denke, da ist dringend mal neu Neuanschaffung fällig, diesmal aber in englisch.
Durch „Dancing the dream“ zeigte sich mir eine weitere Facette von Michael, eine Facette, die mich mindestens so fasziniert und berührt, wie seine Musik, sein Tanz, seine Hingabe zu allem.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich wenig Austausch mit anderen Michael Jackson fans. Selbst in meinem weiteren Umfeld schien sich kein einziger zu verstecken, wo also suchen, wo finden?
Die einzig Bekloppte, die mit MJ shirt, zeitweise mit ähnlicher Frisur einschließlich Stirnlocke(n) rumlief (apropos Stirn: ungefähr ab diesem Zeitpunkt begann mein Mann heftig die Stirn zu runzeln und konnte den plötzlichen immensen MJ-Bedarf nur noch mit Argwohn beobachten!) war ich, nur aus meinem Auto klang Michaels Musik volle Pulle und ausschließlich.
Gott segne das Internet und die goldene Möglichkeit, da die Fühler auszustrecken, hätte mich so gerne mit anderen MJ fans ausgetauscht.
Längst hatte ich die humanitäre Facette Michaels kennen gelernt und verinnerlicht, dass das wohl, neben der Musik und dem Tanz, Michaels wichtigstes Anliegen ist.
Über MMJ world (Hallo Ingmar, gibt’s dich noch?) und das gedruckte fan Magazin kam’s dann letztendlich doch zum direkten Kontakt mit anderen fans. Es wurde ein von mir entwickelter *stolzaufdieschulterklopf* Fan-Interview-Fragebogen im Mag abgedruckt. Die Resonanz war super, täglich Post, Interview-Fragebogen auswerten und Briefe schreiben, bis die Schwarte kracht, war fortan die Devise. Das Kapitel Ehemann (+Söhne)-Stirnrunzeln – entsprechende Bemerkungen bis lauthals schimpfen wiederholte sich seither stetig mit wechselnder Intensität.
Damit kein falscher Eindruck entsteht:
Neben aller ablehnenden Haltung gegen Michael selbst und meiner Affinität zu Selbigem ist mein Göttergatte doch ein richtiger Schatz. Überraschte er mich doch tatsächlich mit Karten für das HIStory Eröffnungskonzert in Prag und später für „Abenteuer Menschlichkeit“ in München. Zwei unvergessliche und prägende Konzerte, deren Eindrücke heute noch so klar und eindeutig sind, als ob’s gestern gewesen wäre. Meine beiden Berichte sind im Kreativ thread zu finden, einmal Prag hier und München da.
Das waren noch Zeiten, als ich meine online Sitzungen mangels flatrate zeitlich doch deutlich begrenzen musste, um keinen unnötigen Ärger wegen heftiger online Kosten heraufzubeschwören.
Meine beiden Söhne waren inzwischen im Alter, um das Internet als „große Spielwiese“ und einfach der Neugierde halber intensiver zu nutzen. Also musste doch eine flatrate her – eine kluge Entscheidung!
Hatte ich schon erwähnt, das ich das anfängliche jeden-Zeitungsschnipsel-sammeln recht bald aufgab? Die Erkenntnis, dass diese außer einem Haufen Papier und Ordner, wenig bis gar keine hieb- und stichfesten Fakten lieferten, war folgerichtig. Die vielen ??? aus der Anfangs- und Folgezeit waren geblieben. Wie also mit dem Spagat zwischen dem einzigartigen Künstler und „humaniterian“ und den grässlichen Vorwürfen des Kindesmissbrauchs umgehen, wie, wenn man selbst nur lückenhafte Kenntnisse von Tatsachen und damit auch nur lückenhafte und wenig greifende Argumente bei nicht ausbleibenden Äußerungen Dritter, wie das ganze handlen? Ich gebe zu, das war eine sehr anstrengende Zeit, immer argumentieren, streiten, Frust schieben, sich-nicht-stark-genug-fühlen. Sicher kann das jede/r von euch nachfühlen und hat besonders 1993 ff. ähnliches erlebt.
Wie gesagt, eine anstrengende Zeit, aber auch gestärkt durch die innere Gewissheit und Sicherheit, dass nichts an den erhobenen Missbrauchsvorwürfen dran sein kann, dessen war und bin ich mir sicher. Michael hatte sich klar und unmissverständlich via Videobotschaft zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen geäußert. Wie sehr war ihm anzumerken, dass das ganze ihn an den Rand aller Kräfte brachte; ich sehe heute noch seine Augen vor mir und zu mir sprechen. Ich jedenfalls glaubte ihm uneingeschränkt. Viele, sehr viele andere schmähten, hassten, beleidigten ihn – jetzt erst recht – und machten sich nicht einmal die Mühe, nach der Wahrheit zu suchen, zuzuhören, abzuwägen, eine vorgefasste Meinung evtl. – zugunsten des Angeklagten – zu überdenken und zu revidieren. Nun, wir wissen, wie Michael mit diesem Riesenproblem umging. Richtig oder falsch? – es war seine Entscheidung, und er wusste, dass er allein all das schultern musste, was in der Folgejahren resultierend aus dieser Entscheidung immer wieder aufflackern bzw. vor sich hinkokeln sollte. Niemand hatte ahnen können, dass die gleiche Scheiße, nur noch viel heftiger und grausamer 10 Jahre später noch einmal angerührt werden sollte.
Das Kapitel Eheschließungen hätte ich mir für ihn positiver gewünscht und erhofft. Wie gerne hätte ich Michael in einer glücklichen und beständigen Ehe oder Beziehung gesehen, wie gerne ihm ein zur Ruhe kommen und Wurzeln schlagen gewünscht, aber nein, es blieb ihm verwehrt. Wie viel kann ein Mensch aushalten, wie viel? Und dabei kreativ bleiben und sich immer wieder der Welt stellen? Wie stark und unbezwingbar ist der angeblich so Schwache wirklich?? 1000 mal hatte ich mich das schon gefragt und bin mir selbst immer wieder die Antwort schuldig geblieben.
Die kids 1, 2 und 3 – und wieder die endlosen Diskussionen, Schmähungen, warum, wieso, von wem, durch wen – warum überhaupt? Darf „so einer“ mit einem solchen Makel besudelter überhaupt Kinder haben und verantwortungsvoll auf- und erziehen? Kann/darf das ein von der Öffentlichkeit immer noch Vorverurteilter? Wie schrecklich, wieder die Vorwürfe, wieder Scheiße umrühren und in Richtung Michael schmeißen, wieder eine sehr schwierige Zeit ..
Längst hatte ich mich „hoffnungslos“ in Michael „fan-verliebt“ Hab mir immer wieder eingeredet, dass das so was wie Bruderliebe sei – nur zur eigenen Beruhigung. Ich entschloss mich, ihm meine Liebe zu widmen und zu versuchen, mich selbst zu stärken, um unverrückbar für ihn da zu sein. Das das einfacher gesagt ist als getan, das weiß sicher jede/r von euch. Manchmal waren die Selbstzweifel wesentlich größer und heftiger, als jeder in noch so geringem Masse sich zeigenden Zweifel Michael gegenüber. Und immer wieder die sprichwörtlichen Knüppel zwischen die Beine – von „außen“ – wie man sich einem „Fremden“ nur so widmen kann, sich den A … aufreißen kann? Unverständnis, Ignoranz (ist am Schlimmsten!), Spott – alles Vokabeln, die mich im Schlaf verfolgten und versuchten, mürbe zu machen. Endlich ablassen von meinem Fan-sein, das hätten wohl viele in meinem Umfeld liebend gerne gesehen, nicht ohne erheblichen Eigennutz: es ist ohne MJ so viel einfacher, ohne den Druck, sich ständig DAMIT auseinander setzen zu müssen. Aber da wurde die Rechnung ohne den Wirt gemacht.
Inzwischen hatte ich den zeitweise ausufernden Briefverkehr mit fans ganz eingestellt. Irgendwann wurden die Themen lau und die Briefe weniger. Immer nur von Michael schwärmen ist auf die Dauer nicht befriedigend. Zuletzt war’s nur noch ein Briefkontakt, der durch meine Schuld abbrach, ist aber ne andere Geschichte.
Zuerst auf der MMJ world (oder so ähnlich) fansite, dann auf MJackson.net fand ich wieder Gleichgesinnte zum Quatschen, Schwärmen, heiß diskutieren, Austausch von Fakten und Meinungen. Ja, das lang ersehnte „Invincible“ Album, vor und nach dem Erscheinen heiß und sehr kontrovers diskutiert. By the way: „Invincible“ ist und bleibt mein Lieblingsalbum!
Dann folgte 2003 die unglaublichste, schrecklichste Anklage, wieder wegen Kindesmissbrauchs und anderer damit in Zusammenhang stehender Vorwürfe. Tom Sneddon vs. Michael. Michael stellte sich den Vorwürfen und der Anklage. Erwirkte sehr geschwächt, ausgelaugt, mutlos. Wieder die große Sorge, würde Michael diesen übergroßen, unmenschlichen Druck aushalten? Die Ermittlungsbehörden hatten ihm sein Rückzugsrefugium „Neverland“ entweiht, alles durchwühlt, in jeden Winkel gekrochen, wie die Ratten auf der Suche nach Fressbarem und das nicht nicht nur ein mal. Was brachte das ganze: nach meiner Kenntnis ein paar Softpornos –so mein Kenntnisstand.
Nicht nur Michaels privaten Räume auf „Neverland“ hatten sie durchwühlt, sondern auch Räume im Haus der Eltern in Encino. Und das alles in Michaels Abwesenheit, einfach so alles auf den Kopf gestellt. Die ungerechtfertigten Anschuldigungen und das reichten wohl, dass sich Michael entschied, „Neverland“ nicht mehr zu betreten, geschweige denn wieder dort zu leben. Alles, alles konnte ich so gut verstehen und nachvollziehen. Wieder durch die Hölle gehen, diesmal mit drei Kindern an der Hand, wahrscheinlich immer mit der Angst im Nacken, dass man ihm die Kinder wegnehmen könnte. Immer hielten viele treue fans während der schlimmsten Zeit der Ungewissheit zu Michael, glaubten an seine Unschuld und versuchten ihm nach Kräften den Rücken zu stärken
Dann nach vielen mörderischen Prozesstagen irgendwann das Ende und die Anklage konnte in allen Punkten nicht aufrecht erhalten werden – die Geschworenen könnten keine Schuldvorwürfe gegen Michael aufrecht erhalten – Freispruch!
Groß war die Erleichterung nach dem Spruch der Jury, Zeit für Michael und die kids das Land zu verlassen mit diversen Zielen in der Welt und unterschiedlicher Verweildauer.
Niemand kann ermessen, wie Michael es geschafft haben mag, die letzten vorhandenen Kräfte zu mobilisieren, um das ganze durchzustehen. Die schwerste Zeit in seinem Leben schien überwunden, doch sie hatte Spuren hinterlassen, Spuren auf der Seele Michaels.
Nie verlor ich den Glauben an Michael, war immer von seiner Unschuld überzeugt.
Doch irgendwann in der Zeit seiner Abgekehrtheit von Allen und Allem verlor ich den Anschluss. Meine Umlaufbahn war am aller äußersten Punkt angekommen, weiter konnte ich mich von Michael gar nicht entfernen und mein alter ego von 1995 gewann die Oberhand. Irgendwann hat *MJ_alien* aufgehört zu existieren, hat sich aus dem forum zurückgezogen, lebte in der eigenen kleinen ordentlichen Welt und hat gar nicht geschnallt, dass ein mal ein so wichtiger Teil im Leben abdriftet, an den Rand des Geschehens, im wahren wie im übertragenen Sinn. Sicher gab’s immer mal wieder highlights die Michael ausfüllte – aber sie erreichten mich nicht mehr.
Man könnte auch sagen: MJ_alien hat sich verpisst! Hat Michael nur noch sporadisch wahrgenommen, hat die Gleichgültigkeit wieder einziehen lassen. Heute kann ich das alles nur sehr schwer nachvollziehen, noch schwerer auch nur ansatzweise selbst verzeihen. Dachte nur in meiner Selbstzufriedenheit: Ein alter Zirkusgaul braucht die Manege – irgendwann wird Michael wieder auf die Bühne zurückkehren, wird schon schief gehen – und wie !!
Michaels „This is it“ Ankündigung im März dieses Jahres hatte mich aus meinem Dornröschenschlaf herausgerissen. Ab und an las ich als Gast im MJackson.net – forum mit. Nahm sowohl eure große Freude wegen Michaels Plänen, als auch eure großen Sorgen und Befürchtungen wegen Michaels sichtlich angeschlagenen Gesundheitszustand war, ohne erkennbare Reaktion meinerseits. Immer noch nicht schrillten meine Alarmglocken, dachte mir einfach: er ist nicht in Form, ok, braucht Aufbau und Training, um wieder fit zu sein für Bühnenshows. 10 hatte man gehört – ist doch locker zu schaffen für einen vom Schlage von Michael Jackson. Na gut 50, das wird ne harte Nummer, aber er packt das schon- so meine blauäugige Denke! Was, was konnte mir nur den Blick so verstellen nicht zu kapieren, dass sich Michael unter unheimlichen Druck stellen würde – er möchte ja die shows für seine kids und für die fans. Der Druck von außen war jedoch noch wesentlich heftiger.
Der Erwartungsdruck phenomenaler shows, enorme Nachfrage nach Karten, dem ohne zögern stattgegeben wurde – Resultat: 50 shows – Michael, weit entfernt, körperlich fit das alles anzugehen. Mental fit und motiviert und vom eigenen Ehrgeiz getrieben Hammershows zu kreiren und mit Leben zu füllen, ja sicher. Wer hätte es ihm verdenken wollen mit seinen final curtain shows noch einmal Maßstäbe zu setzen, die Latte noch einmal höher zu legen.
Noch immer dachte ich: das packt er, so wie er es immer gepackt hat – und zwar mit Bravour.
Ich weiß nicht:
war es das einfach nicht-wahrhaben-wollen, was den Gesundheits/Fitnesszustand Michaels betrifft, oder einfach das Ignorieren sämtlicher Anzeichen?
War’s das:
Einfach noch mal eine show der superlative reinpfeifen zu wollen, wenn nicht live in London O2 oder anderswo, dann doch danach von DVD?
Einfach nur die egoistische Handlungs- und Denkweise: haben wollen – gleich um welchen Preis!?
Ich schäme mich entsetzlich, je so oberflächlich gedacht zu haben, verzeihe es mir nie, die Augen nicht aufgemacht zu haben, hingeschaut und die richtigen Schlüsse daraus gezogen zu haben.
Auch durch mich konnte Michael nicht den Olymp erklimmen und nach den höchsten Sternen greifen, so wie es ihm zugestanden hätte. Oh, welcher fan hätte ihm das nicht von Herzen gegönnt, gewünscht?
Stattdessen holten mich die Ereignisse des 25. Juni endgültig und brutal aus meinem Wolkenkuckucksheim. Michael Herz blieb stehen, abgedrückt durch die Last des Drucks, nur scheinbar auf Trab gebracht durch diverse Mittel, den lebensnotwendigen Schlaf erzwingen wollend.
Michael hätte sich aufgeopfert, um „This is it“ zur perfekten show ever werde zu lassen, und das mit großer Freude und Motivation.
Geopfert wurde er letztlich von uns fans, vom Promoter AEG, vom Geist der Unachtsamkeit und Rücksichtslosigkeit, geopfert auf dem Altar der Gier nach mehr, noch schöner, noch geiler.
In mir zurück bleibt tiefe Dankbarkeit und Liebe zu Michael, tiefe Schuld und tiefe Trauer.
Jemand schrieb:
Ein wichtiger DNA-Strang der Kultur ging am 25.6.2009 für immer verloren.
Nichts ist mehr wie vorher, nichts tröstet wirklich, beruhigt vielleicht zeitweise.
Ich werde noch lange an diesem Verlust tragen, mein Golgatha ist hier.
Ich habe Michael versprochen, sein beispielloses und herzliches und zutiefst menschliches humanitäres Wirken in seinem Sinn einen neuen Zweig hinzuzufügen.
Hab’s versprochen, mit meiner Liebe zu ihm, die mir geblieben ist.
Doch ich wird’s nicht allein schaffen können, ich werde eure Hilfe brauchen ….
Seit kurz nach Michaels Tod bin ich wieder, kurzzeitig als MJ_alien, jetzt dauerhaft als rip.michael im forum eingeklinkt. Ohne euch alle im forum hätte ich nicht gewusst wohin mit meiner Trauer, mit dem Schmerz, mit meiner inneren Wut, meiner Schuld und meinen Selbstzweifeln. Ohne euch alle und ohne die guten Worte des Zuspruchs, des Verständnisses und einfach des gemeinsamen Leidens, wäre ich nicht nach ein ¼ Jahr da wo ich jetzt bin.
Ich fühle mich getragen und gut aufgehoben. Danke bei euch allen und danke den mods für ihre ausdauernde forumsarbeit!
Auf die Jahre zurückblickend kann ich sagen, dass ich eine enorme Menge über Michael selbst und Vielem, was unmittelbar mit ihm in Zusammenhang steht, gelernt habe, zumindest aufgenommen habe. Nicht immer zog ich die richtigen Schlüsse. Selbst wenn ich die richtigen Schlüsse zog, handelte ich nicht logischerweise entsprechend. Ein Manko, mit dem ich leben muss und das mir auch in Zukunft immer wieder über den Weg laufen wird.
Ich habe in dieser Zeit und besonders in der Zeit unmittelbar nach Michaels Tod eine ganze Menge über mich selbst gelernt, manche sehr schmerzhafte Lektion.
Ich hoffe, der Blick auf mich selbst wird mir helfen, mit meinem alten Manko in Zukunft besser umzugehen.
Danke für eure Geduld.
In Liebe rip.michael
Michael Joseph Jackson ist mit weitem abstand das beste, zweitbeste - die Familie kommt immer zuerst - was mir in meinem leben passieren konnte. Ich bin sehr froh und dankbar dass ich eine weile mit ihm gehen durfte, froh und dankbar ihn live in seinen Konzerten erlebt zu haben. Mein Seelenbruder Michael, ich liebe dich und bleibe auf immer mit dir verbunden ....
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