Fühle dich ihnen überlegen.
Halte sie für abstoßend.
Entstelle sie.
Stelle ihre Motive in Frage.
Demütige sie öffentlich.
Zeige ihre menschlichen Verrücktheiten und Schwachstellen.
Lache sie aus.
Verspotte ihr Talent.
Mache dich über ihre Werte lustig.
Rede ihre Mission klein.
Reduziere ihre Identität und Menschlichkeit.
Was also geschah mit Michael Jackson? Wenn du den inneren Kampf eines Menschen verstehst, beseelt zu sein oder nicht, ethisch zu sein oder nicht, sich an die Konventionen zu halten oder nicht, dann kannst du erfassen, was mit Michael Jackson geschah. Eine Verkettung unglücklicher Umstände vereinte sich, um aus ihm weniger als einen Menschen zu machen. Die Tradition, Menschen afroamerikanischer Herkunft mit Namen zu betiteln und sie als Untermenschen anzusehen ist immer noch sehr lebendig und in Michaels Jugend griff diese Tradition blindwütig um sich. Michael schürte Feuer, weil er mutig, begabt und mächtig war und vieles was er tat, forderte das Establishment heraus und widersprach den Konventionen.
Zu mächtig für dieses rassistische und klassenfreundliche Establishment; manche sahen ihn als Bedrohung, die den Verstand der Jugend verdarb.
Die Musikindustrie hat eine lange Tradition, Künstler unter Vertrag zu nehmen und dann ihre Seelen zu besitzen. Die Aufnahmefirma diktierte, was du zu singen hattest, welche Kleidung du trugst, wie viele Aufnahmen du machtest, welche Art von Musik du machtest und wie lange und wie deine Musik promotet wurde. Eine Musikikone im Aufwind mit einem riesigen Publikum und einer Menge Macht kann vielleicht diese lange Tradition herausfordern und muss vielleicht im Zaum gehalten und kontrolliert werden, so dass die Machtstruktur und Tradition nicht ausstarb und die Industrie im Gleichgewicht blieb. Wir werden nie erfahren, was hinter verschlossenen Türen über Michael Jackson gesagt wurde und was getan wurde.
Die Klatschindustrie kann es sich nicht leisten, ihre Ziele als reale Menschen anzusehen, also werden sie „Stars“, die dann weniger menschliche Zielscheiben sind: Freiwild und Futter für himmelschreiende Schlagzeilen, für Lächerlichkeit, für TV-Comedians und Klatschzeitschriften online und gedruckt. Für Klatschpressereporter und Paparazzi ist es ein Berufsrisiko, Stars als Menschen anzusehen. Vielen in diesem Gewerbe diktieren der Rausch der Jagd, das Adrenalin und die Macht, genau wie die obszönen Geldsummen, ihre Moralvorstellungen. Wenn dieses Gewerbe irgendeine Art Bewusstsein besäße, hätte sich nach Prinzessin Dianas Tod etwas verändert, die während der Aufnahme eines geldwerten Fotos getötet wurde. Anstatt einer Klatsch-Schlagzeile über ihre neue Liebesaffäre, wurde uns eine Schlagzeile über ihr bevorstehendes Begräbnis präsentiert.
Ruppige Polizisten und Selbstjustiz sind immer noch lebendig und wo auch immer es diese gibt, gibt es Menschen, die Macht und Kontrolle anstreben und kranke Ziele verfolgen, ob diese nun selbstherrlich, sexuell befriedigend sind oder nur dazu dienen, die innere Leere der Seele zu füllen. Die Gesetzesvollzugsindustrie beherbergt auch diejenigen, die süchtig nach Adrenalin sind, die überheblich sind und einen eigenen Standpunkt gegenüber Recht, Minderheiten und Verbrechen vertreten. Es gibt Polizisten, die wegsehen, Polizisten, die ihre Möglichkeiten ausnutzen, Polizisten, die Beweise erfinden und Polizisten, die lügen und sie lassen jeden Gesetzesvollzug schlecht aussehen. Ein weißer mächtiger Makler, männlich, Fundamentalist, Rassist mit Testosteron und Überheblichkeit ist weitaus gefährlicher als jeder kleine Straßenkriminelle.
Michael war das Ziel aller drei Industriezweige und Ziel des schlimmsten Teils davon, des Teils, der gute Menschen verdirbt – Macht und Geld. Und er war eine Ikone – der berühmteste Mensch der Welt – eine Ikone, die Grenzen überwand, am Establishment nagte und die Grenzen der Konvention überquerte. Das machte einige Menschen nervös und machte andere wütend. Michael verwischte die Rassengrenzen, indem er seine Nase ändern ließ und „weiß wurde“; er verwischte die Geschlechtergrenzen, indem er ein einfühlsamer Mann war und androgyn aussah und er überquerte musikalische Grenzen. Er legte die Messlatte für Videos höher, entwickelte neue Sounds und wusste, wie er dramatische Effekte einsetzen konnte – und das tat er alles öffentlich und er tat es gut. Und es gab keine Belege dafür, dass er am Verblühen war oder langsam in der Nacht verschwand.
Er wagte es, eine träge Welt anzugehen, die es zulässt, ihre Kinder in der Dritten Welt sterben zu lassen, ohne etwas dagegen zu unternehmen, die es ohne Bewusstsein zulässt, ihren Planeten mit Müll zu überschütten, ohne Alarm zu schlagen, die es ignoriert, dass Gangs immer größer werden, ohne eine Alternative zu bieten; die es zulässt, dass Kinder in Kriegsgebieten getötet werden, die es zulässt, dass Menschen verdursten und sich noch auf tausend andere Arten seelenlos verhält. Er drückte es auf dramatische Art in seinen Texten, Songs und Performances, Videos und in Worten aus. Er rief nach einer Welt, die still und kraftlos angesichts ihrer Verantwortung und Führung ihrer eigenen Kultur und Probleme geworden war.
Was also muss eine Kultur tun, wenn sie sich einem solchen Unruhestifter gegenübersieht: jemand, der zu populär, zu mächtig, zu talentiert, zu fordernd, zu fortschrittlich, zu laut, zu schonungslos, zu überlebensgroß ist, besonders, wenn du weißt, dass er Recht hat? Ihn zum Schweigen bringen. Ihn verunglimpfen. Ihn lächerlich machen. Ihn unbedeutend machen. Ihn verspotten. Ihn demütigen. Ihn kreuzigen. Ihn einsperren. Ihn lähmen. Doch am wichtigsten: Ihn entmenschlichen. Greife vor allem sein Gesicht an, denn das Gesicht bedeutet Identität. Attackiere die Art, wie er aussieht, denn das ist das Selbst, das er der Welt zeigt. Nimm ihm alles, was seine Menschlichkeit offenbart. Dann bezeichne ihn als „Freak“ und zerstückele ihn öffentlich vor der ganzen Welt und mache es zu einem populären Spiel, um die Massen zu erfreuen. Es tut gar nicht weh, wirklich nicht; er ist nicht menschlich oder auch nur ein Untermensch – er ist ein „Monster“, ein „Tier“.
Michael Jackson war ein Spiegel. Er spiegelte all das wider, was mit unserer Kultur, dem 20. Jahrhundert, der Welt und der Menschlichkeit nicht stimmt. Und wenn das Bild abstoßend ist, liebt niemand – NIEMAND – den Spiegel.
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