Waren es die vielen scheinbaren Widersprüche seines Wesens - man denke da z.B. an den sportlichen Eindruck, den er auf der Bühne machte und den fast zerbrechlichen jenseits davon; die oft unsicher - unselbständigen Auftritte in der Öffentlichkeit und das exzentrische Leben, das er führte oder auch die in Videos und Konzerten oft zur Schau gestellte Aggressivität, das Machogehabe und das im Kontrast dazu stehende höflich - freundliche Verhalten im realen Leben samt seinem echten, warmherzigen Lächeln.
Er rührte an tiefe Sehnsüchte in uns: z.B. nach Freiheit durch das Ignorieren von Grenzen (männlich/ weiblich, jung/ alt, schwarz/ weiß usw.), nach Bewegungsfreude, nach Warmherzigkeit...
Und er war auch Vorbild: Präzision, Fleiß, Freude/ Hingabe an der selbstgewählten Aufgabe, überhaupt die ganze Perfektion rund um seine Musik
Ich gebe zu, ich habe fast ein schlechtes Gewissen. All die Dinge, die das Leben so mit sich bringt wie Umzüge, Krankheiten, berufliche Neuorientierung usw. haben mich ihn fast vergessen lassen. Nun habe ich das irrige Gefühl, ich hätte etwas Wichtiges versäumt in den letzten 20 Jahren. Die "Thriller" hatte ich zwar im Regal; "Dangerous" mochte ich irgendwie nicht so richtig, das Cover war mir schon zu abgedreht, so verkaufte ich sie irgendwann vor Jahren an einen CD-Laden; die "Bad" kannte und mochte ich zwar, vergaß aber irgendwie, sie mir mal zuzulegen...
Und jetzt finde ich mich selten dämlich, daß ich all die Jahre den hämischen Medienberichten auf den Leim gegangen bin und ihre Schilderungen fast zu meiner Meinung gemacht hatte - wie konnte ich nur so blind sein? Ich bin doch sonst nicht so oberflächlich! Bei anderen Medienberichten über "Promis" bin ich doch auch kritisch und hinterfrage deren Inhalt. Damals war ich vielleicht noch zu jung, zu unkritisch und habe im Fall MJs eben meine alten Vorurteile (geformt von den Medien) vergessen auszumisten und sie mit in vernünftigere Lebensabschnitte übernommen.
Nun sitze ich da, fühle mich, als hätte ich einen Freund durch Blödheit verloren, kann mich für andere Musik oder Videos nicht mehr begeistern, obwohl es auch noch andere begnadete Musiker gibt (Kate Bush, Peter Gabriel, ABBA usw. usf.). Und das Absurdeste: auch meinen Freund finde ich seit Michaels Tod nicht mehr so toll. Das irritiert mich am Meisten...
Und kann mit niemandem in meinem Umfeld darüber reden. Alle würden mich auslachen und mein Freund wäre wohl total beleidigt und würde Schluß machen. Ich könnte es ihm nicht einmal übelnehmen, denn das ist auch nicht zu verstehen... So bleibt mir nur zu hoffen, daß es sich um irgendeine Phase handelt und irgendwann alles wieder ins Lot kommt.
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