Kein Maulkorb für Paparazzi
Hätte Zensur Vorschub geleistet
Der frühere Chef des Internationalen Automobilverbandes (FIA), Max Mosley, ist mit einer Klage gegen die Veröffentlichung eines Videos vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gescheitert. Die Straßburger Richter stellten am Dienstag keine Grundrechtsverletzungen fest.
Der 71-Jährige hatte Großbritannien vorgeworfen, ihn nicht ausreichend vor der Veröffentlichung des Videos zu schützen. Die Aufnahmen sorgten weltweit für Schlagzeilen. Im Jahr nach der Affäre verzichtete Mosley auf eine Wiederwahl für den FIA-Chefposten, den er seit 1993 ununterbrochen innegehabt hatte.
Abschreckende Wirkung
Der EGMR wies Mosleys Forderung nach einer Einschränkung der Pressefreiheit in Großbritannien zurück. Würden Medien verpflichtet, Betroffene vorab über geplante Veröffentlichungen zu unterrichten, würde das „unweigerlich politische Reportagen und seriösen Journalismus“ beeinträchtigen, heißt es in dem Urteil.
Eine solche Verpflichtung würde eine „Art von Zensur vor der Veröffentlichung darstellen“ und eine abschreckende Wirkung auch auf politischen und investigativen Journalismus haben. Die von Mosley gestellten Forderungen seien zudem nicht in Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention, der das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens betrifft, vorgesehen, wie der „Guardian“ aus dem Urteil zitiert. Das Urteil ist nicht endgültig, da vor der großen Kammer des EGMR Berufung eingelegt werden kann.
Schmerzensgeld von „News of the World“
Vor dem EGMR rügte Mosley vor allem, dass das Boulevardblatt „News of the World“ nicht verpflichtet war, ihn vor der Veröffentlichung der Aufnahmen im März 2008 zu benachrichtigen. Somit habe er keine Gelegenheit gehabt, eine einstweilige Verfügung gegen die Veröffentlichung zu beantragen. Großbritannien habe damit seine Grundrechte auf Schutz des Privatlebens und auf wirksame Rechtsmittel verletzt.
Nachdem er bereits mit Zivilprozessen gegen die Berichterstattung vorgegangen war, wollte Mosley nun mit Hilfe seiner Anwälte die britische Boulevardpresse durch ein EGMR-Urteil in die Schranken weisen. Medien sollten demnach dazu verpflichtet werden, vor der Veröffentlichung peinlicher Geschichten die Betroffenen zu informieren, damit diese eine Story per einstweilige Verfügung verhindern können.
„Wenn einmal in Ihre Privatsphäre eingebrochen wurde, dann ist Ihr Leben zerstört“, betonte Mosley bei einer Gerichtsanhörung zu Jahresbeginn. Bereits wenige Monate nach der Veröffentlichung des Videos klagte Mosley erfolgreich gegen „News of the World“. Ein Londoner Gericht verurteilte im Juli 2008 das Boulevardblatt wegen Verletzung der Privatsphäre zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 60.000 britischen Pfund (etwa 68.000 Euro).
Links:
EGMR
„Guardian“-Artikel
Europäische Menschenrechtskonvention (Wikipedia)
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