Eine belebte Straße im Feierabendverkehr im Osten von Johannesburg: Menschen warten am Straßenrand auf Minibusse, Taxis drängeln, Autos hupen. Eine Rangelei entsteht zwischen zwei Polizisten und einem jungen Taxifahrer. Er wird zu Boden gedrückt und mit beiden Händen an den Kofferraum des Polizeiwagens gefesselt. Dann gibt der Fahrer Gas. Die Kleider werden abgeschleift, die Kofferraumtür schlägt während der Fahrt gegen das Gesicht des jungen Mannes.
Wenige Stunden später ist der Mann tot. Der Vorfall von Dienstag ist auf einem Video festgehalten, am Donnerstag wurde es öffentlich - seither ist das Land in Aufruhr. Zwar ist Polizeigewalt in Südafrika nicht außergewöhnlich, doch dieser Fall zeugt von besonderer Brutalität. Er erinnert viele an die Zeit der Apartheid, als die Staatsgewalt brutal gegen schwarze Südafrikaner vorging.
Heute sind es nicht mehr weiße Beamte gegen schwarze Township-Bewohner, sondern schwarze Polizisten gegen Ausländer aus den ärmeren Nachbarländern Simbabwe oder Mosambik. Rassismus funktioniert nicht nur zwischen Schwarz und Weiß, sondern auch zwischen Schwarz und Schwarz.
"Es überrascht mich nicht"
Südafrika ist das wohlhabendste Land des Kontinents und deshalb das Ziel vieler Einwanderer geworden. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International berichtet, Polizisten würden Einwanderer und Flüchtlinge bedrohen und beleidigen, ihre Läden schließen lassen und schlechter behandeln.
"Ich wünschte, ich könnte sagen, es überrascht mich - aber das tut es nicht", kommentiert der britische Blogger und Afrika-Journalist Keith Somerville. "Es ist kein Zufall, dass der tote Mann kein Südafrikaner war."
Der Taxifahrer Mido Macia, 27, kam aus Mosambik, lebte aber wohl schon einige Jahre in Südafrika. Am Montagabend seien Fahrgäste aus seinem Toyota gestiegen, danach sei er nicht sofort weitergefahren. Zwei Polizisten hätten ihn angebrüllt und aus dem Wagen gezerrt, schreibt die afrikaanssprachige Zeitung "Beeld" heute.
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Die Polizisten hätten dann Macias Autoschlüssel genommen - unter Johannesburger Taxifahrern wird das als Zeichen wahrgenommen, dass sie Schmiergeld wollten. Daraufhin sei es zum Streit gekommen. Macia wurde an das Polizeiauto gebunden und einige hundert Meter über den Asphalt zur Wache geschleift. Mido Macia starb an seinen Verletzungen in der Polizeizelle. "Sein Verbrechen: Ungehorsam gegenüber den Polizisten, die ihn aufforderten, sein Fahrzeug wegzufahren", schreibt die südafrikanische Zeitung "Times" unter dem Titel "Cops beschämen Südafrika".
Polizisten suspendiert
Tatsächlich erinnert der Fall nicht nur an die Brutalität des Apartheidstaates. Er rückt die südafrikanische Polizei erneut in das Licht einer ungeschickten Schlägertruppe: Vor nicht einmal zwei Wochen musste Hilton Botha, der Chefermittler im weltweit beachteten Kriminalfall gegen Sportstar Oscar Pistorius, abgezogen werden. Botha muss im Mai wegen siebenfachen Mordversuchs vor Gericht erscheinen.
Im August des vergangenen Jahres schaute die Welt nach Marikana, einem Ort westlich der Hauptstadt Pretoria. Dort hatten Polizisten das Feuer auf streikende Minenarbeiter eröffnet und 34 Arbeiter getötet. Es waren die blutigsten Auseinandersetzungen seit dem Ende der Apartheid 1994.
Auch damals gab es Protest, irgendwann flaute er wieder ab, geändert hat er wenig. Nun ist die Wut auf die Polizei erneut groß, ob sie zu einer größeren Bewegung führen wird oder sich die Situation wieder beruhigt, bis zum nächsten Gewaltakt, ist kaum vorherzusehen.
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