Eigentlich galt die Ku-Klux-Klan-Sektion in Baden-Württemberg als aufgelöst. Doch das Landeskriminalamt ist einer neuen Gruppe auf der Spur. Auch möglichen Verbindungen zur NSU wird nachgegangen.
Das Landeskriminalamt in Baden-Württemberg geht möglichen Verbindungen zwischen dem Ku-Klux-Klan und der NSU nach. (Foto: DPA)
Der rassistische Geheimbund Ku-Klux-Klan ist nach Angaben des Landeskriminalamtes (LKA) in Baden-Württemberg wieder aktiv. "In Schwäbisch Hall wurde eine neue Sektion gegründet", sagte LKA-Präsident Dieter Schneider der Nachrichtenagentur dpa in Stuttgart. Chef der Sektion sei ein 45 Jahre alter Mann und unter dem Pseudonym Didi White bekannt. Der Bund trete im Internet als Bestandteil der weltweiten Bewegung auf. "Es scheint eine kleine Sektion zu sein mit weniger als zehn Mitgliedern", erklärte Schneider. Auf die neuen Aktivitäten des Klans wurden die Experten der Ermittlungsgruppe "Umfeld" durch aktuelle Recherchen aufmerksam. Der Ku-Klux-Klan ist in Deutschland nicht verboten.
Verbindungen zwischen NSU und Ku-Klux-Clan werden geprüft
Die Ermittlungsgruppe sichtet derzeit außerdem 120 Akten aus dem Ermittlungsverfahren gegen den "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) des Bundeskriminalamtes (BKA). Die Akten wurden der Ermittlungsgruppe zur Verfügung gestellt, die Verbindungen des rechtsextremen Neonazi-Trios NSU nach Baden-Württemberg ausleuchtet.
Im vergangenen Sommer war bekanntgeworden, dass zwei Polizisten vor rund zehn Jahren Mitglieder des Ku-Klux-Klans in Schwäbisch Hall waren. Einer der beiden war Gruppenführer der Polizistin Michele Kiesewetter, die 2007 in Heilbronn getötet wurde. Dieser Mord sowie neun weitere an türkisch- und griechischstämmigen Kleinunternehmern werden den drei Rechtsterroristen Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe zugerechnet. Zschäpe muss sich von diesem Montag an vor dem Oberlandesgericht München als Mittäterin verantworten. Mundlos und Böhnhardt begingen Ende 2011 Selbstmord.
Möglicherweise ergeben sich aus den Ermittlungen des LKA auch Hinweise, die zur Klärung des Motivs und der Umstände beim Mord an Kiesewetter führen könnten. "Wenn das passieren sollte, ist sofort wieder die Bundesanwaltschaft Herrin des Verfahrens", so Schneider.
Seinen Angaben zufolge sind LKA-Experten inzwischen auf den 45-Jährigen Ku-Klux-Klan-Chef zugegangen. "Er steht zum Bund, geht offen damit um, weist aber rassistische und rechtsextremistische Motive zurück." Die weiteren Mitglieder seien dem LKA nicht namentlich bekannt. "Wir sind aber dabei, sie zu identifizieren."
Auch Polizei-Beamte sympathisierten mit dem Clan
Da es im Zusammenhang mit dem Auffliegen der Aktivitäten der Polizisten im Geheimbund Hinweise gab, dass damals weitere Beamte mit dem Klan sympathisierten, werde die Ermittlungsgruppe auch diese nochmals vernehmen und diese Szene beleuchten. "Ob dabei etwas herauskommt, wissen wir nicht. Wir wollen uns aber keine Vorwürfe machen lassen, nicht alles versucht zu haben", sagte Schneider.
Aus den BKA-Akten ergäben sich "rund 100 Kontakt- und Auskunftspersonen", auf die das LKA zugehen wird. "Man darf nicht vergessen, dass die Hinweise auf die Kontakte aus den 90er-Jahren stammen. Wir müssen also die Personen erst noch identifizieren, um sie vernehmen zu können und nach ihrer Rolle zu befragen", sagte er.
Ganz oben auf der Prioritätenliste sind Kontakte von Rechtsextremen aus Sachsen und Thüringen zur damaligen rechten (Musik)-Szene nach Ludwigsburg. "Dort kam es zu gegenseitigen Besuchen zwischen 1993 und 2000 im kleinen, nichtöffentlichen Bereich", sagte Schneider. Nach dpa-Informationen war ein Chemnitzer und mutmaßliche Kontaktperson zum NSU-Trio zur Ausbildung in Ludwigsburg. Er soll Verwandtschaft in Heilbronn haben. "Heilbronn ist für uns ebenso wichtig", sagte Schneider. Kontakte zur rechtsextremen Musikszene habe das Trio auch im Rems-Murr-Kreis.
Außerdem gilt es noch abzuklären, welche Kontakte der NSU nach Stuttgart hatte. Wegen Stadtplänen von Stuttgart, die im Brandschutt der Wohnung des Trios in Zwickau gefundenen worden waren, schließen die Ermittler nicht aus, dass in der Landeshauptstadt Anschlagziele ausgekundschaftet wurden. Mundlos und Böhnhardt hatten 2003 zudem auf einem Campinggelände am Cannstatter Wasen einen Zeltplatz gemietet.
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