Merkel entmachtet de Maizière
Altmaier soll die Flüchtlingskrise bewältigen
von:
Rüdiger Scheidges
Dietmar Neuerer
Datum:
06.10.2015 18:29 Uhr
Update: 06.10.2015, 20:40 Uhr
Innenminister Thomas de Maiziére zeigte sich zuletzt mit der Flüchtlingskrise überfordert. Nun zieht Merkel offenbar Konsequenzen: Sie will ihren Kanzleramtschef Altmaier zum zentralen Flüchtlings-Koordinator machen.
(Bild enthalten)
BerlinBundeskanzlerin Angela Merkel entzieht ihrem Innenminister Thomas de Maizière die alleinige Zuständigkeit für die Flüchtlingsfrage. Wie hohe Regierungskreise dem Handelsblatt bestätigten, soll ab sofort Merkels Kanzleramt die Gesamtkoordination der Flüchtlingsthematik übernehmen. Damit entzieht Merkel de Maizière die wichtigste Aufgabe des Innenministeriums in diesen Tagen.
Völlig überraschend kam Merkels Schachzug nicht mehr, seitdem de Maizière bereits seit über einem Monat Zeichen von Orientierungslosigkeit in der Flüchtlingspolitik zeigte und die Kritik an ihm sowohl in den Ländern als auch innerhalb der Regierung rapide anwuchs. Sowohl in Fragen des zu erwartenden Flüchtlingsaufkommens, der Koordinierung eines europäischen Flüchtlingsprogrammes und auch in seiner Außenwirkung hatte der Innenminister jegliche Stringenz und Überzeugungskraft verloren.
De Maizière, so war heute in Berlin zu hören, hat vor allem die politische Aufgabe nicht bewältigt, gegenüber den Bürgern zu demonstrieren, dass er und die Regierung Merkel das Heft in der Hand halten. Stattdessen hatte der Minister, der einmal als Merkels Kronprinz galt, mit fahrlässigen Äußerungen über die Zufluchtsuchenden und die Flüchtlingszahlen, aber auch über die konkrete Politik der Regierung nicht nur das Kabinett Merkel sondern auch die eigene Union regelrecht bestürzt.
Großes Aufsehen und Verwunderung hatten weit über die politische Szene in Berlin hinaus die Zustände in dem ihm unterstellten Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hervorgerufen. Das Amt war offenkundig in keiner Weise für die Herausforderung des Flüchtlingsandrangs gewappnet: weder organisatorisch noch personell. Auf Drängen des Kanzleramts wurde der Chef, Manfred Schmitt, von Frank-Jürgen Weise, dem Chef der Bundesagentur für Arbeit, abgelöst.
Die neuen Asylregeln
- Gesetzespaket zur Bewältigung des Flüchtlingsstroms
Im Eilverfahren will die Koalition ihr Gesetzespaket zur Bewältigung des Flüchtlingsstroms durchs Parlament treiben. Am Dienstag gab das Bundeskabinett dem Gesetzentwurf von Innenminister Thomas de Maiziere grünes Licht. Noch in dieser Woche soll die erste Lesung im Bundestag stattfinden. Parlament und Bundesrat sollen dann bis Mitte Oktober zustimmen. Da die Grünen schon ein Ja angekündigt haben, scheint die Zustimmung der Länderkammer sicher. Ein Überblick über die geplanten Regelungen: - Finanzverteilung I
- Finanzverteilung II
- Leistungen I
- Leistungen II
- Abschiebungen
- Unterkünfte
- Integration
- Gesundheit
- Westbalkanstaaten
Das war bereits eine offenkundige Misstrauenserklärung an de Maiziere, der Rücktritt von Schmitt wurde weithin als Bauernopfer angesehen. Bereits damals machten Rücktrittsgerüchte um den Innenminister in Berlin die Runde. Der jetzige Schritt, ihm die Federführung aus der Hand zu nehmen, ist die nächste Stufe in Richtung Rücktritt. Ein deutscher Minister, der seine wichtigste und vornehmliche Aufgabe in bedrängten Zeiten nicht erfüllen kann, ist fehl am Platz.
Passend zu der offenkundigen Deklassierung des Innenministers ist der Umstand, dass das Bundeskabinett am Mittwoch ein neues Konzept zur Koordinierung der Flüchtlingshilfe beschließen wird. Das Papier nennt nicht den Innenminister, sondern Peter Altmaier, den Chef des Bundeskanzleramts, als den zentralen Ansprechpartner für die politische Gesamtkoordinierung aller Aspekte der aktuellen Flüchtlingslage.
Damit ist die weitgehende Entmachtung und Düpierung de Maizieres in der Flüchtlingspolitik amtlich vollzogen. Ein Rücktritt de Maizières aus eigenem Antrieb wird damit immer wahrscheinlicher.
Denn im Kanzleramt ist bereits eine Stabsstelle Flüchtlingspolitik eingerichtet, das Thema Flüchtlinge soll in jeder Kabinettssitzung besprochen werden, und ein aktueller Lagebericht erstellt werden. Der Innenminister soll dann unter Leitung des Kanzleramtes allein noch für die operative Koordinierung der Beschlüsse herangezogen werden. Das neue Konzept, in dem Thomas de Maizière keine entscheidende Rolle mehr spielt, ist bereits zwischen den Ressorts abgestimmt.
Spielen die im Kanzerlamt jetzt die "Reise nach Jerusalem"??
Bei dem körperlichenverdrängungsfaktor von Altmeier hat's bestimmt noch einen erwischt ... er ist noch im freien fall und wacht erst beim aufschlag auf!
Dieser tage irgendwo gelesen ... eine szene von der basis, fernab vom elfenbeinturm in Berlin:
Die eingliederungsklasse der XXX-Schule in YZ hat die grosse pause erreicht und es läutet schrill durch's ganze schulhaus.
Die meisten schüler strömen lachend und schwatzend richtung pausenhof. Ein paar wenige nicht.
Ein flüchtlingskind aus Syrien packt beim einsetzen des pausenalarms seine büchertasche und kauert mit dieser total verängstigt mit eingezogenem kopf und den schrecken und tränen im gesicht unterm tisch und wagt sich nicht hervor.
Für dieses kind gibt es keine unbeschwerte pause, nur die schlimme erinnerung und das automatische schutzhandeln beim schrillen der schulglocke.
Man kann sich ungefähr ausmalen, was in dem kind vorging.
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